Österreichs Parteizentralen erhielten zum Jahreswechsel Post vom größten privaten Industriekonzern des Landes, der Voestalpine. Das Schreiben war im Ton freundlich, in der Sache unmissverständlich: Allen wahlwerbenden Fraktionen wurde beschieden, dass sie an den Standorten in Oberösterreich und der Steiermark grundsätzlich jederzeit willkommen seien, um ihr wirtschaftliches Interesse zu stillen, nicht jedoch in der Hochzeit des Wahlkampfs.
Konkret teilte das Management mit, dass für den Zeitraum von sechs Monaten vor der jeweiligen Wahl kein Zutritt zum Werksgelände gewährt werde. Hintergrund des Schreibens waren unliebsame Vorfälle in der Vergangenheit: So sei es im Vorfeld von Wahlen mehrfach zu einem Missbrauch des Besuchsrechts durch Wahlkampf-Trosse gekommen. Wiederholt hätten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne ihr Wissen auf propagandistischen Video-Clips oder Werbefotos in den sozialen Netzwerken wiedergefunden. „Unsere Werke sind keine Wahlkampf-Kulisse. Das wollen wir nicht“, bekräftigte Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner bei einem Gespräch mit Medienvertretern in Wien.
Verlängerung der Strompreiskompensation gefordert
Wünsche an die Politik hat das führende Stahl- und Technologieunternehmen trotzdem. So fordert Eibensteiner eine Verlängerung der ausgelaufenen Strompreiskompensation. In Deutschland sei dieses abfedernde Instrument, geregelt im Stromkosten-Ausgleichsgesetz, bis 2030 zugesichert worden. In Österreich sei das ebenfalls jederzeit möglich, scheitere jedoch am politischen Willen. Durch die Transformation zu „grünen“ Elektro-Öfen, die niemand mehr unter Lebensgefahr mit Kohle füttern muss, werde der Strombedarf weiter steigen, daher sei das Zögern bei dieser wichtigen standortpolitischen Maßnahme unverständlich, so Konzernchef Eibensteiner.
„Aufwertung“ des Wirtschaftsministeriums gegenüber dem Klimaministerium
Generell fordert die Voest-Spitze eine „Aufwertung“ des Wirtschaftsministeriums gegenüber dem Klimaministerium. Letzteres habe derzeit ein Übergewicht. Dringlich sei ein verstärkter Fokus auf den Ausbau der Energie-Infrastruktur und auf eine wettbewerbsfähige Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom, Wasserstoff und Biogas. Auch gelte es, weiter die Energiepreise zu drosseln, da sonst eine wirtschaftlich erfolgreiche Transformation nicht möglich sei.
Von den politischen Spitzenkandidaten draußen vor den Werkstoren erwartet sich die Konzernführung eine „Zukunftserzählung für unser Land“. Es müsse wettbewerbsfähiger werden und mehr Tempo aufnehmen. „Mit Konzepten, wo alle weniger arbeiten, werden wir unseren Sozialstaat und Wohlstand nicht aufrechterhalten können. Das wird sich nicht ausgehen.“