Dass die Europäische Zentralbank bereits bei ihrer ersten Ratssitzung im neuen Jahr an der Zinsschraube dreht, gilt als ausgeschlossen. Sehr wohl erhoffen sich Beobachter am Donnerstag aber erste zarte Hinweise, in welche Richtung sich die Geldpolitik entwickeln könnte. EZB-Ratspräsidentin Christine Lagarde und andere Eurowächter hatten zuletzt wiederholt versucht, zu große Euphorie hinsichtlich rascher Zinssenkungen zu dämpfen. Lagarde hatte erst in der Vorwoche betont, sie werde noch nicht den Sieg über die Inflation verkünden. Diese lag in der Euro-Zone im Dezember im Schnitt bei 2,9 Prozent. Aus den Kursen an den Finanzmärkten geht aber hervor, dass Investoren derzeit davon ausgehen, dass die EZB die Zinsen bereits im März oder im April erstmals senken könnte. Bei den letzten beiden Zinssitzungen wurde der Leitzinssatz nach zuvor zehn Erhöhungen in Folge bei 4,5 Prozent belassen.
Ökonomen rechnen mit Zinssenkung vor dem Sommer
Inzwischen rechnen aber auch immer mehr Volkswirte – laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters – mit einer ersten Zinssenkung bis Ende des zweiten Quartals. Rund 73 Prozent (62 von 85 Teilnehmern) gingen davon aus, dass die Eurowächter mindestens einmal vor ihrer Zinssitzung im Juli die Schlüsselsätze herabsetzen werden. Im Dezember hatten lediglich 57 Prozent der Volkswirte damit gerechnet. Ökonomen haben ihre Erwartungen rasch angepasst. Noch im November waren Volkswirte mehrheitlich davon ausgegangen, dass die EZB bis zur Jahresmitte 2024 an den Zinsen nicht rütteln wird.