Vorsorge gegen den Fachkräftemangel und eine besonders anschauliche Verbindung zwischen Theorie und Praxis. Darüber hinaus wartet die Kooperation zwischen dem steirischen Logistik-Spezialisten Knapp AG und der Volksschule Gössendorf sogar mit einem Hauch Populärkultur auf. Aber alles der Reihe nach.
Ins Gespräch kam man erstmals während eines Sommerfests in Gössendorf, erinnert sich Christoph Haidic, Leiter der Lehrlingsausbildung bei Knapp, schmunzelnd. Dabei wurde die Idee geboren, dass Lehrlinge und Volksschulkinder ja gemeinsam ein Produkt entwickeln könnten. Gedacht, getan – und so zeigen in der Gössendorfer Volksschule heute Hochtechnologie-Einhörner an, ob die Luftqualität in den Klassenräumen passt.
Für das Fundament der CO₂-Messgeräte sorgten die Knapp-Lehrlinge, die in Berufen wie Metalltechniker, Informationstechnologie oder Applikationsentwicklung ausgebildet werden. Sie stellten die Platine fertig, brachten Mikrocontroller und Sensor in Position und druckten Komponenten per 3D-Druck aus. Blinkt das Einhorn grün, herrscht optimale Luftqualität. Wechselt es die Farbe auf Gelb oder Rot, schreit das Klassenzimmer nach Durchlüften. Die Gestaltung, das Bemalen der Tiere, wurde von den Volksschulkindern übernommen. Das Einhorn selbst wählte man übrigens nicht nur aus Gründen aktueller Prominenz unter Kindern aus. Es ist auch eine Hommage an das Gössendorfer Wappen.
„Das Zusammenarbeiten zwischen Lehrlingen und Schulkindern war eindrucksvoll“, sagt Bettina Angkawidjaja, Direktorin der Volksschule. Der geringe Altersunterschied habe dazu geführt, dass kaum Barrieren und großes Interesse am Zusammenbauen spürbar gewesen seien. Und für die Lehrlinge war es neben der Möglichkeit einer Leistungsschau auch eine feine Abwechslung, ergänzt Christoph Haidic.
„Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Erfolgsmodell“
Die Knapp AG wird auch in diesem Jahr rund 40 neue Lehrlinge in sechs Lehrberufen einstellen. Die gesamte steirische Industrie vermittelt – gemeinsam mit der Kleinen Zeitung – derzeit 1553 offene Lehrstellen in der Steiermark. Trotz trüber Konjunkturkulisse. „Dass wir gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten am Erfolgsmodell Lehre festhalten, zeigen diese Zahlen sehr eindrucksvoll“, betont der steirische Industrie-Präsident Stefan Stolitzka. Dabei sei „die Bandbreite der Möglichkeiten mit mehr als 70 verschiedenen Berufen, die in der steirischen Industrie erlernt werden können, enorm“. Stolitzka: „Die Lehre ist mit unserer Industrie untrennbar verbunden und steht neben bestausgebildeten Fachkräften vor allem für individuelle Zukunftschancen.“ Das unterstreicht auch Max Oberhumer, Vorsitzender der Plattform „Die Industrie“. So sei die Lehre „längst nicht mehr nur für Pflichtschulabsolventinnen und -absolventen der passende Einstieg ins Berufsleben. Die Lehrausbildung ist für Maturantinnen oder Quereinsteiger gleichermaßen der erste Schritt in die steirische Industrie.“ Er verweist dabei auf die Modelle „Lehre und Matura“, „Lehre nach der Matura“ oder aber „Lehre und Studium“. So könne Ausbildung „auf die individuellen Bedürfnisse der angehenden Fachkräfte abgestimmt werden“.
In Gössendorf stellt man sich diese Fragen noch nicht. Zumindest nicht bewusst. Denn in Bewegung brachte das Einhorn-Projekt bei den Volksschulkindern einiges. Was dazu führt, dass bereits ein „Gegenbesuch“ geplant wird. Dann sollen die Volksschülerinnen und Volksschüler in der Knapp-Lehrwerkstätte noch mehr Appetit auf technisches Arbeiten bekommen. Der Gusto sei jedenfalls bereits da, wie Dirketorin Angkawidjaja schildert: „Viele Kinder erzählen uns, dass sie jetzt auch einen 3D-Drucker haben möchten“.