Die Verbraucher in der Eurozone rechnen einer EZB-Umfrage zufolge kurzfristig mit einer deutlich geringeren Inflation als zuletzt. In der Mitte (Median) gingen sie im November davon aus, dass die Inflation binnen zwölf Monaten bei 3,2 Prozent liegen wird, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag in Frankfurt mitteilte. In der vorangegangenen Oktober-Umfrage hatten sie noch 4,00 Prozent vorausgesagt.
Binnen drei Jahren erwarten sie eine Teuerung von 2,2 Prozent. Im Oktober hatten sie noch 2,5 Prozent erwartet. Damit lägen die Erwartungen auf dem niedrigsten Niveau seit Februar 2022. Die EZB will mittelfristig eine Inflationsrate von 2,00 Prozent erreichen. Das erachtet sie als optimales Niveau für die Wirtschaft in der 20-Länder-Gemeinschaft.
Inflation verstärkt
Zuletzt hatte sich im Dezember die Inflation wieder leicht verstärkt. Im Schlussmonat 2023 nahm die Teuerung auf 2,9 Prozent zu, nachdem sie im November noch bei 2,4 Prozent gelegen war. An der Börse wird trotz des Anstiegs bereits im März oder April mit einer ersten Zinssenkung der Währungshüter gerechnet.
Die EZB hatte seit Sommer 2022 die Schlüsselsätze zehnmal angehoben. Zuletzt hatte sie aber pausiert. Aktuell liegt der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Banken erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, steht mittlerweile bei 4,5 Prozent.
Die EZB wartet ab
Die Inflationserwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten geben der EZB stets wichtige Anhaltspunkte zum Inflationsbild in der 20-Länder-Gemeinschaft. Die nächste Zinssitzung der EZB – die erste in diesem Jahr – findet am 25. Jänner in Frankfurt statt. Erwartet wird, dass die Euro-Wächter erneut wie in den Sitzungen im Oktober und im Dezember an den Schlüsselzinsen nicht rütteln.
Aber so soll es nicht bleiben. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird aus Sicht von Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau wahrscheinlich heuer die Zinsen nach unten setzen. „Sofern es keine großen Überraschungen gibt – wir blicken in den Nahen Osten –, wird unser nächster Schritt eine Senkung sein, wahrscheinlich dieses Jahr“, sagte das Mitglied des EZB-Rats, der über die Zinsen in der Eurozone entscheidet, am Dienstag in einer Diskussionsrunde auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.
„Ich werde mich zur Jahreszeit nicht äußern“, fügte er hinzu. Die Straffungspolitik der Notenbank sei bisher ziemlich erfolgreich gewesen.
Sanfte Landung der Wirtschaft
Auf beiden Seiten des Atlantiks sei bisher eine sanfte Landung der Wirtschaft zu sehen, sagte Villeroy. Doch Frankreichs Notenbankchef sagte auch mit Blick auf die Inflation: „Es ist zu früh, den Sieg zu verkünden.“ Investoren am Finanzmarkt gehen bisher davon aus, dass die EZB dieses Jahr mehrmals die Zinsen senken werde.