Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer ist zuletzt massiv in die Kritik geraten: In der SPÖ ist ob seiner Signa-Verstrickungen eine Debatte darüber entbrannt, ob ihm die Parteimitgliedschaft entzogen werden sollte. Schließlich war er Signa-Beirat (dieser wurde mittlerweile aufgelöst) und ist Aufsichtsratschef insolventer Signa-Gesellschaften, die zuletzt Milliarden-Insolvenzen hingelegt haben. Nun hat sich Gusenbauer erstmals selbst zu Wort gemeldet. Er werde nicht aus der SPÖ austreten, betont er am Samstag im Ö1-Interview (hier zum Nachhören).
Seinen Parteiaustritt hatten zuletzt einige SPÖ-Vertreter gefordert. „Ich bin seit fast 50 Jahren auf allen Ebenen der Sozialdemokratie tätig und ich fühle mich nach wie vor den Werten auf das engste verbunden.“ Daher unterstütze er das Anliegen der Sozialdemokratie nach wie vor – „auch heute als einfaches Parteimitglied, an dem wird sich nichts ändern“, so Gusenbauer.
Wird er durch seine Signa-Geschäftstätigkeiten zur Belastung für die SPÖ und ihren Chef, Andreas Babler, im Jahr der Nationalratswahl? „Erstens hat die SPÖ die Wahl noch nicht verloren und ich bin zuversichtlich, dass sie sich gut schlagen wird. Und zum Zweiten, zu versuchen, etwaige nicht erreichte Ziele auf mich abzuschieben, wäre eine ziemlich billige Angelegenheit.“ Er fühle sich den sozialdemokratischen Werten nach wie vor „auf das Engste verbunden“, betonte der frühere SPÖ-Vorsitzende.
„Hat sich ganz negativ ausgewirkt“
Rund um den Niedergang des Signa-Imperiums wolle er, Gusenbauer, mit vielen „Desinformationen, Unterstellungen und Kriminalisierungen“ aufräumen. Das Signa-Geschäftsmodell habe lange gut funktioniert, sei „hocherfolgreich“ gewesen. Die allgemeine globale Situation um die Covid-Pandemie, den Krieg in der Ukraine sowie die Inflation und die damit einhergehenden Zinserhöhungen hätten dann aber alle Immobilienunternehmen getroffen, so Gusenbauer. Das habe alles verändert. Auch die im Sommer des Vorjahres öffentlich gewordene Einzelprüfung der Signa durch die Europäische Zentralbank habe sich auf die Kreditwürdigkeit „ganz negativ ausgewirkt“. Er erachte es nicht als die regulatorische Aufgabe der EZB, sich in einer Immobilienkrise auf ein einzelnes Unternehmen zu fokussieren, so Gusenbauer. Es habe jedenfalls „sicher nicht geholfen, die Krise zu bewältigen“, monierte der Ex-Politiker. Die EZB drängte ab vorigen August nach entsprechenden Prüfungen Banken, Kredite an Signa zum Teil abzuschreiben.
„Abenteuer Handel hat Signa mehr als eine Milliarde Euro gekostet“
Als „Fehler“ betrachte er im Nachhinein, dass Signa auch „das Abenteuer Handel“ eingegangen sei, hier sei „viel Geld versenkt“ worden, das dann für das Immobiliengeschäft gefehlt habe. Mehr als eine Milliarde Euro, so Gusenbauer, habe das der Signa gekostet, Liquidität, die bei den Immobilien dann gefehlt habe. Er habe auch beraten, wie man wieder aus diesem Bereich herauskommen könne und geholfen, Finanzmittel aufzustellen. Rund um Staatshilfe bei Schutzschirmverfahren der deutschen Warenhauskette Galeria Kaufhof Karstadt habe er nie „Kontakte zur deutschen Politik gehabt“, wie teilweise berichtet worden sei.
In seinen Funktionen als Aufsichtsratschef der Immo-Gesellschaften Signa Prime und Development habe er, „alles dazu getan, auf Basis der Informationen, die dem Aufsichtsrat zur Verfügung gestanden haben, richtige Entscheidungen zu treffen. „Lange Zeit hat das ausgezeichnet funktioniert. Neben dem „Abenteuer Handel“ habe das veränderte Marktumfeld zu einer Beschleunigung einer Situation geführt, die zusätzliches Eigenkapital erforderlich gemacht habe, das leider nicht mehr zur Verfügung gestanden sei.
„Es hat sich um keine Luftschlösser gehandelt“
Die Immobilien seien aber immer ordentlich bewertet gewesen, was auch genauso ordentlich durch mehrere Stellen geprüft worden sei, sagt Gusenbauer. Er gehe davon aus, dass der Aufsichtsrat dazu immer richtig informiert worden sei. „Es hat sich um keine Luftschlösser gehandelt.“ Denn die Bewertungen seien durch die getätigten Verkäufe von Immobilien und dem damit erzielten preisen „bestätigt worden“.
Zu fehlenden Bilanzen habe der Aufsichtsrat den Vorstand aufgefordert, diese Praxis einzustellen, da das Gesetz eine zeitgerechte Einbringung der Bilanzen ins Firmenbuch eben verlange. Mehr als dazu aufzufordern, habe der Aufsichtsrat aber nicht machen können. Zudem seien Bilanzen auch immer mit der Hauptversammlung öffentlich geworden, betonte Gusenbauer. Die Transparenz gegenüber den Investoren sei „zu jeder Zeit gegeben“ gewesen.
„Ein Konflikt mit dem Aktienrecht liegt nicht vor“
Die immensen kolportierten Summen für seine Tätigkeiten wollte Gusenbauer im Interview nicht näher kommentieren. Er sagte aber: „Ich habe für gute Arbeit gute Entlohnung bekommen.“ Die Kritik an seiner „Doppelrolle“ – Berater und Aufsichtsratschef – wollte Gusenbauer so nicht stehen lassen. Er habe keine Beraterverträge mit Signa Prime und Development gehabt, wo er Aufsichtsratschef ist, sondern mit der Holding (die aber an den Gesellschaften beteiligt ist; Anm.). „Ein Konflikt mit dem Aktienrecht liegt nicht vor“, so Gusenbauer. Dass die Höhe seiner Honorare über die Jahre gestiegen sei, verhehlt er nicht. Das Unternehmen habe vor 15 Jahren aber auch noch eine ganz andere Größe gehabt, so wie sich sein Arbeitsaufwand vervielfacht habe, habe sich auch das Honorar vervielfacht.
Auf die Frage, ob er ein Zivilverfahren gegen ihn fürchte? „Ich habe ein reines Gewissen, dass wir im Aufsichtsrat alles gemacht haben, was wir tun sollten und mussten.“ Er betont: „Ich habe mich keiner Straftat schuldig gemacht.“
Gusenbauer über Benko . . .
Über René Benko sagt Gusenbauer: „Benko ist ein lange Zeit sehr erfolgreicher Unternehmer gewesen, der auch ein hohes Risiko genommen hat.“ Ebenso, wie er die Verantwortung dafür trage, trage er auch die Verantwortung dafür, dass es jetzt mit dem Unternehmen nach unten gegangen ist“. Das sei „unternehmerisches Risiko“. Gusenbauer geht davon aus, dass der Signa-Gründer im Sanierungsverfahren auch Kapital einschießen werde – das werde in jenem Ausmaß erfolgen, wie es auch die anderen Investoren tun würden.
Nach seinem Ausscheiden aus der Politik 2008 dockte Gusenbauer bei Benkos Signa an: Einerseits als Beirat der insolventen Signa Holding, andererseits ist er nach wie vor Aufsichtsratschef der ebenfalls insolventen Unternehmen Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG. Der prominent besetzte Beirat ist mittlerweile aufgelöst worden. Gusenbauer fungierte – parallel zu seinen Funktionen – aber auch als top-bezahlter Berater.