Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat am Freitag einen Entwurf für das neue Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) in Begutachtung geschickt. Ziel ist es, die „Infrastruktur für die Energiewende“ sicherzustellen, die „Rechte zur Eigenversorgung mit Strom“ auszuweiten und einen „flexibleren Netzzugang“ zu schaffen, wie das Energieministerium mitteilte. Das neue Gesetz auf Bundesebene soll schlussendlich die neun Landesgesetze ablösen.

Konkret sollen regionale Verteilernetzbetreiber künftig zur Vorlage von zehnjährigen Ausbauplänen verpflichtet werden. Genehmigen muss diese die Regulierungsbehörde. Damit wären die Verteilernetzbetreiber gezwungen, „aktiv und vorausschauend zu planen“, hieß es aus dem Ministerium.

„Flexibler Netzzugang“ für Sonnen- und Windkraftwerke

Außerdem soll ein „flexibler Netzzugang“ geschaffen werden, damit Sonnen- und Windkraftwerke schneller ans Netz kommen. Das bedeutet: Möchte etwa eine Betreiberin oder ein Betreiber einer Photovoltaikanlage Strom ins Netz einspeisen, muss dies dem Entwurf zufolge künftig über einen gewissen Zeitraum ermöglicht werden – „auch wenn noch nicht zu jedem Zeitpunkt eine 100-prozentige Einspeisung garantiert werden kann“. Die Veröffentlichung verfügbarer Netzkapazitäten durch den Netzbetreiber soll für mehr Transparenz sorgen.

Auch die Rechte der Endkundinnen und -kunden sollen gestärkt werden - allen voran jener Verbraucherinnen und Verbraucher, die Eigenversorgung, Energiegemeinschaften und Direktabnahmeverträge nutzen. Der Entwurf sieht vor, dass die Teilnahme an sogenannten Energiegemeinschafen künftig nicht mehr durch Lieferanten unterbunden werden kann. Verträge, wonach der gesamte Energiebedarf während der Laufzeit ausschließlich über einen Lieferanten zu decken ist, sollen durch ein Diskriminierungsverbot nicht mehr möglich sein.

„Leistungsfähige Stromnetze unerlässlich“

Die Ausweitung des Anwendungsbereichs von Direktleitungen zwischen Erzeugungslage und Verbrauchern ist ebenfalls geplant. Es sollen „Direktleitungen künftig auch Energie für den Eigenbedarf der Erzeugungsanlage transportieren“ dürfen und „Überschusseinspeisungen über die Kundenanlage in das öffentliche Netz ermöglichen“, so das Ministerium. Dies sei bisher nur eingeschränkt möglich gewesen.

Die Begutachtungsfrist ist für sechs Wochen angesetzt. Weil das Thema Energie in Österreich eine Ländermaterie ist, braucht das ElWG eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. „Moderne und leistungsfähige Stromnetze sind für die Energiewende unerlässlich“, betonte Gewessler. „Mit dem neuen Elektrizitätswirtschaftsgesetz schaffen wir nun bessere Regeln für den Ausbau.“

Für Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) ist der „rasche Ausbau der Energieinfrastruktur entscheidend für Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten“. Kocher zufolge wird mit dem Begutachtungsstart eine Arbeitsgruppe aus den zuständigen Ministerien und Sozialpartnern eingerichtet, die ein neues Modell aus Grundversorgung und Sozialtarif erarbeiten sollen.
Oesterreichs Energie, die Interessensvertretung der E-Wirtschaft, bewertet in einer ersten Einschätzung „den deutlichen Schritt in Richtung einer stärkeren Bepreisung der Leistung gegenüber der Arbeit bei den Netztarifen und die Definition neuer Marktpartner“ als positiv. Kritisch werde hingegen unter anderem die weitreichende Bündelung von Kompetenzen in der Regulierungsbehörde gesehen. Zudem fordere die Branche „eine Anpassung diverser sehr kurzer Fristen“, so Oesterreichs Energie mit Blick auf den Netzausbau.

Zwischen „hocherfreut“ und „Raum für Optimierung“

Die Arbeiterkammer fordert Rechtssicherheit bei Strompreisänderungen. Energielieferanten müssten Preiserhöhungen genau und nachvollziehbar begründen, hieß es in einer Aussendung. Zudem dürfe die Grundversorgung nicht verwässert werden. Die Einrichtung einer Arbeitsgruppe empfindet die AK als „ungewöhnliche Maßnahme“. Sie werde aber Teil davon sein, so die AK.
Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) begrüßte die heutige Vorlage. Erneuerbare Energien seien bei der Netznutzung noch immer zahlreichen Hindernissen ausgesetzt, diese müssten mit einem modernen Strommarktgesetz aus dem Weg geräumt werden, forderte der EEÖ.

„Hocherfreut“ zeigte sich auch die IG Wind, dass der Entwurf „endlich“ in Begutachtung geschickt wird. Zu ihren Forderungen zählt die IG Wind den bedarfsgerechten und raschen Netzausbau, klare und transparente Regeln zum Netzanschluss und Stärkung der dezentralen Versorgung.

Der Bundesverband Photovoltaic Austria (PV Austria) begrüßte ebenfalls den vorliegenden Entwurf des ElGW. Inhaltlich würde er „viele wichtige Anliegen der Branche“ wie die flexiblen Anschlusskonzepte beinhalten. Allerdings bestehe noch „Raum für Optimierung“, so die PV Austria.