Der Online-Dienst Google-Street-View ist wohl am bekanntesten. Mittlerweile gibt es weltweit aber eine beachtliche Anzahl von sogenannten Mobile-Mapping-Anbietern, also Unternehmen, die mit einer Kamera auf dem Dach eines Autos Kartendaten und Bilder einer Region sammeln. Eine besondere Herausforderung ist die Auswertung dieser riesigen Datenmengen. Und hier kommt die 2017 vom gebürtigen Lavanttaler Clemens Wasner mit Marcel Wasserer und Johannes Stumtner gegründete Wiener Firma Enlite AI ins Spiel. Sie hat eine durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützte Anwendung namens Detekt entwickelt, die dieses Material unter anderem auf Straßenschäden, die richtige Positionierung von Verkehrsschildern und sogar Baumschäden auswerten kann.
„Am gefragtesten ist die Auswertung von Straßenschäden“, erklärt Wasner. Interessant ist Detekt unter anderem für die Öffentliche Hand als Straßenerhalter. Die Stadt Wien hat das Programm bereits in Verwendung in allen drei Bereichen - also Straßenzustand, Baumschäden und Verkehrsschilder. Letzteres kann der Bundeshauptstadt Millionen sparen. Denn im Falle eines Unfalles wird immer geprüft, ob die Verkehrsschilder korrekt aufgestellt waren. Ist das nicht der Fall, könnte die Stadt haftbar gemacht werden. Detekt ist mittlerweile international bei verschienen Mobile-Mapping-Unternehmen im Einsatz. „Da diese oft gleich 30.000 bis 40.000 Kilometer für die Auswertung haben, decken wir gleich ganze Regionen wie etwa halb Norwegen ab“, berichtet der 43-Jährige.
Das zweite KI-Produkt der Firma Enlite AI, die Ende 2022 mit dem Staatspreis für Innovation ausgezeichnet wurde, ist noch nicht so weit entwickelt. Power Grid Optimization wird, wie der Name schon sagt, entwickelt, um einen optimalen Ausgleich im übergeordneten Stromleitungsnetz zu schaffen. Dabei wird unter anderem Reinforcement Learning, also ein selbstständiges Lernen der KI durch „Belohnung“ eingesetzt. Das Ziel ist, dass das Programm eine enorme Anzahl von Schaltkreisen, so intelligent koordiniert, dass es im Netz zu keiner Überlastung kommt und Stromzukäufe am teuren Spotmarkt vermeidet. In der Weiterentwicklung von Power Grid Optimization arbeitet Enlite AI auch mit einem französischen und einem niederländischen Energieversorger zusammen. In zwei bis drei Jahren soll das Produkt marktreif sein.
Ursprünglich war Enlite bei der Gründung ein Dienstleister, der KI-Systeme bei namhaften Unternehmen implementierte. Darunter waren Anwendungen für die Vorhersage von Konsumverhalten in der Pharmaindustrie, für die Logistik, um eine hohe Anzahl, dezentraler Lager zu koordinieren, und für autonomes Fahren. Seit 2020 übernimmt das Unternehmen keine Auftragsarbeiten mehr, sondern entwickelt selbst Produkte. „Bisher sind wir ohne Fremdfinanzierung ausgekommen, doch um als Start-up schnell genug zu sein, brauchten wir einen Investor“, sagt Wasner. Im Dezember konnte es sich ein Zwei-Millionen-Euro-Investment von Speedinvest und Breeze Invest sichern. Der Unternehmer, der auch Mitbegründer und Vorsitzender des Vereins „AI Austria“ ist, sieht in Österreich noch einen Aufholbedarf in Sachen KI-Wissenschaft. Es fehle im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern an entsprechenden Geldern.