Die Europäische Zentralbank (EZB) will aus Sicht von Kroatiens Notenbank-Chef Boris Vujcic vor ersten Zinssenkungen erst noch Lohndaten aus dem ersten Quartal abwarten. Diese Daten seien sehr wichtig für die EZB, sagte das Ratsmitglied am Donnerstag. „Wir haben Zeit, um abzuwarten, was passieren wird“, sagte der Währungshüter mit Blick auf die im Frühjahr anstehenden Tarifrunden.

Können natürlich auch früher handeln

„Wenn wir natürlich einen schnelleren Rückgang der Inflation sehen als vorhergesagt (...) können wir natürlich auch früher handeln“, fügte Vujcic hinzu. Aber auch ein Vorgehen in eine andere Zinsrichtung sei nicht völlig ausgeschlossen. Aus seiner Sicht sollte sich die EZB auf jeden Fall in Schritten von jeweils 0,25 Prozentpunkten bewegen.

Boris Vujcic: „Wenn wir natürlich einen schnelleren Rückgang der Inflation sehen als vorhergesagt, können wir natürlich auch früher handeln“
Boris Vujcic: „Wenn wir natürlich einen schnelleren Rückgang der Inflation sehen als vorhergesagt, können wir natürlich auch früher handeln“ © APA / Boris Roessler

Daten liegen erst im Mai vor

In einer idealen Welt würde die EZB gerne graduell und kontinuierlich in eine Richtung voranschreiten, sobald die Inflation sich auf dem gewünschten Pfad befinde, sagte der Notenbanker. Anleger an der Börse gehen momentan davon aus, dass die EZB heuer mehrmals die Zinsen senken wird, wobei der erste Schritt bereits im März oder im April erwartet wird. Mehrere Währungshüter hatten dagegen signalisiert, dass es länger dauern könnte, bis sie sicher sind, dass die Inflation unter Kontrolle ist und auf die Zielmarke von zwei Prozent zusteuert. Dabei verwiesen sie unter anderem auf Daten zur Lohnentwicklung in den Ländern, die erst im Mai vorliegen würden.

USA: Warnungen vor früher Zinssenkung

In den USA werden indes Warnungen laut, eine Zinssenkung im März könnte zu früh sein. Die Präsidentin der regionalen Notenbank von Cleveland, Loretta Mester, hat Erwartungen für eine baldige Leitzinssenkung gedämpft. „Meiner Meinung nach ist es im März wahrscheinlich zu früh für eine Zinssenkung“, sagte Mester, am Donnerstag dem Fernsehsender Bloomberg TV. Sie verwies auf die zuvor veröffentlichten Inflationszahlen für Dezember in den USA. Diese zeigten, dass man noch eine restriktive Politik benötige. Mester ist derzeit stimmberechtigt im geldpolitischen Ausschuss der US-Notenbank Fed.

Wenn man weitere Hinweise für einen Rückgang der Inflation in Richtung Inflationsziel sehe, dann werde man Gespräche über Zinssenkungen haben, sagte Mester. Sie gehe davon aus, dass die Inflation im Trend weiter sinke. Die US-Notenbank strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent an. In den USA war die Inflation im Dezember stärker als erwartet gestiegen. Die Jahresrate legte von 3,1 Prozent im Vormonat auf 3,4 Prozent zu.