„Es fehlt uns an Elan für das neue Jahr“, nimmt sich Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer, kein Blatt vor den Mund. Denn die Geschäftslage der österreichischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe sei so trist wie zuletzt im Coronajahr 2020. Preissteigerungen, Arbeitskräftemangel und Konsumzurückhaltung machen den Unternehmen massiv zu schaffen.
Das belegt auch die aktuelle Auswertung der KMU Forschung Austria. „Laut vorläufiger Schätzung zeigt die Umsatzentwicklung von Gewerbe und Handwerk im Jahr 2023 ein nominelles Minus von drei Prozent. Rechnet man die Preissteigerung von rund 6,5 Prozent dazu, ergibt das ein reales Minus von rund 9,5 Prozent“, sagt Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria. Seit 2020 sei es dem heimischen Gewerbe und Handwerk nicht mehr gelungen, das Ruder herumzureißen und ein Umsatzplus zu erzielen. Die negative Entwicklung betreffe alle Branchen, besonders stark sei aber das Baugewerbe mit einem realen Minus von 16,7 Prozent betroffen, gefolgt von Holzbau und Kunststoffverarbeitern. Branchen wie das Chemische Gewerbe (Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger) und Mechatroniker haben zwar ein nominelles Umsatzplus erzielt, doch dieses wird von den Preissteigerungen aufgefressen und ergibt letztendlich ein reales Minus. Im vierten Quartal sind die Auftragsstände um 14,5 Prozent gesunken. Entsprechend düster ist die Stimmung bei den Unternehmen. Erholung und Zuversicht sind aus den Meldungen der Betriebe noch nicht herauslesbar. Denn die Talsohle sei offenbar noch nicht erreicht worden, sagt Enichlmair.
„Neubau fördern“
Scheichelbauer-Schuster erneuert die Forderung vom Herbst nach Maßnahmen, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Es seien zwar bereits welche gesetzt worden, doch es werde dauern, bis diese Wirkung zeigen. Potenzial ortet sie im Bereich der Energiewende durch Förderungen für Photovoltaik und Heizungstausch.
Das von der Bundesregierung im Vorjahr geschnürte Baukonjunkturpaket lege den Schwerpunkt auf Sanierung und Vorziehen öffentlicher Aufträge. „Das ist richtig und wichtig“, betont Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk. Doch es müsse auch Impulse für den Neubau geben, um sicherzustellen, dass in Zukunft Mieten leistbar sind. Darüber hinaus fordert der Bundesspartengeschäftsführer, dass steuerliche Vergünstigungen bei Kreditrückzahlungen eingeführt werden und die KIM-Verordnung überarbeitet wird. Nebenkosten wie die Grundbucheintragungsgebühr sollen reduziert werden bzw. wegfallen. Darüber hinaus erneuert Kainz die Forderung der Sparte nach einem Handwerkerbonus neu. Er habe sich in der Vergangenheit bewährt.
„Große Sorge in Kärnten“
In Kärnten ist die Lage nicht rosiger. „Wir blicken mit großer Sorge auf die kommenden Monate“, sagt Klaus Kronlechner, Obmann der Sparte Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Kärnten. Angesichts der deutlich eingebrochenen Auftragseingänge sei mit einer weiteren Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr zu rechnen. Im Vergleich zum vierten Quartal 2023 hat sich die Stimmung stark eingetrübt. Stark betroffen sind nach wie vor das Bau- und Baunebengewerbe, wo sich die Auftragsbücher geleert haben und keine neuen dazukommen. 55 Prozent der Wertschöpfung im Gewerbe und Handwerk macht der Bau aus. Damit diese Konjunkturlokomotive wieder in Schwung kommt, fordert auch Kronlechner wirtschaftspolitische Impulse, um den „Turnaround“ zu schaffen.
Steiermark: Negative Erwartungen überwiegen
In der Steiermark sieht Spartenobmann Hermann Talowski nun das in Zahlen gegossen, was seitens der steirischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe bereits seit Sommer 2023 prognostiziert wurde: „Die Lage ist sehr herausfordernd und sie bleibt auch sehr herausfordernd.“ Man müsse dieser Realität nun ins Auge blicken. In der Steiermark gehen laut Erhebung der KMU Forschung Austria 40 Prozent der Unternehmen im ersten Quartal 2024 von Rückgängen bei Umsatz und Aufträgen aus, 53 Prozent sehen keine Veränderungen zum Quartal davor und nur noch sieben Prozent erwarten Steigerungen. „Sowohl in den investitionsgüternahen als auch konsumnahen Branchen sind die Erwartungen für das 1. Quartal 2024 negativ“, wird betont. „Im Fokus steht nun, dass die Betriebe ihre Fachkräfte halten wollen. Das wird nicht überall gelingen, aber das Bestreben ist da, weil wir wissen, dass die zumeist selbst ausgebildeten Facharbeiterinnen und Facharbeiter die wertvollste Ressource sind“, betont Talowski. Für das erste Jahresviertel wollen 19 Prozent der steirischen Betriebe ihren Beschäftigtenstand erhöhen, 70 Prozent wollen ihn stabil halten und elf Prozent werden den Personalstand verringern. Talowskis Appell: „Gerade in diesen schwierigen Zeiten müssen Unternehmerinnen und Unternehmer sowie die Beschäftigten mehr denn je zusammenhalten.“