Immer mehr Kärntner können ihre Rechnungen nicht zahlen: Burgenland vor Kärnten und sieben weiteren Bundesländern - das gilt in den Insolvenzstatistiken für das Jahr 2023 sowohl bei Firmenpleiten als auch Privatinsolvenzen. In Kärnten gab es im Vorjahr insgesamt 289 Firmeninsolvenzen, 159 wurden mangels Masse - also Vermögens - abgewiesen, 140 beim Landesgericht Klagenfurt eröffnet. Verglichen mit 2022 entspricht das einem Plus von 19,13 Prozent.
Vergleicht man den Anstieg der eröffneten Verfahren, sind es sogar um 26,13 Prozent mehr. Das bedeutet den zweithöchsten Anstieg im Bundesländer-Vergleich nach dem Burgenland. Und es werde noch deutlich mehr Insolvenzen in den kommenden Monaten geben, fürchtet der Gläubigerschutzverband AKV: „Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit zusätzlicher starker Personalkostenentwicklung werden die Fälle der Insolvenzen in den nächsten Monaten weiterhin deutlich zunehmen.“
Wen es am häufigsten trifft
Die meisten Firmenpleiten traf die Gruppe der persönlichen Dienstleister wie etwa Personenbetreuer mit 51 Insolvenzen. Gefolgt vom Handel mit 42, der Bauwirtschaft mit 41 und der Immobilienbranche mit 37 Insolvenzfällen. An fünfter Stelle folgt die Gastronomie mit 30. Doppelt so viele Insolvenzen gibt es bei den wirtschaftlichen Dienstleistungen wie etwa Wach- und Sicherheitsdienste, Arbeitskräfteüberlassung oder Haus- und Gebäudereinigung.
Die Verbindlichkeiten insolventer Firmen bei Gläubigern verdoppelten sich von 60,9 Millionen Euro 2022 auf rund 1241, Millionen Euro. Von den Insolvenzen betroffen waren 583 Dienstnehmer.
Mehr Privatkonkurse, weniger Schulden
Auch die Zahl der Privatinsolvenzen kletterte um 17 Prozent nach oben, 679 Privatinsolvenzen (von gesamt 694) wurden eröffnet, 15 mangels Masse abgewiesen. Der Anstieg der bei den Bezirksgerichten eröffneten Verfahren stieg um knapp 16 Prozent - auch hier der zweithöchste Anstieg in Österreich hinter dem Burgenland. Die robuste Arbeitsmarktlage habe bis dato eine deutlichere Zunahme der Privatinsolvenzen verhindert, analysiert der AKV. Die Gläubigerschützer erwarten, dass sich die Überschuldungssituation vieler privater Haushalte zunehmend verschlechtern werde angesichts der Teuerungen und des Zinsanstiegs. Daher sei auch bei den Privatinsolvenzen mit einem maßgeblichen Anstieg in den nächsten Monaten zu rechnen.
Jeder dritte Privatkonkurs ist weiblich
Die Höhe der Passiva bei Privatinsolvenzen ist jedoch leicht gesunken - von über 78 auf rund 64 Millionen Euro. Das heißt, dass das Niveau der Schulden bei Antragstellung in Kärnten im Vergleich zu den Vorjahren - und auch zu Restösterreich - gesunken ist. Die durchschnittliche Verschuldung Privater in Kärnten hat sich von 133.900 auf 94.500 Euro reduziert. Frauen gingen bereits mit einem Verschuldungsstand von 56.300 Euro in Privatkonkurs, Männer hatten durchschnittliche Schulden von 118.600 Euro. Der Anteil der Frauen, die in Privatkonkurs gingen, hat sich leicht auf 37 Prozent erhöht.
Deutlich höher als vor der Pandemie
Der AKV sieht in Kärnten einen steten Anstieg der Insolvenzen auch 2024. „Es kann davon ausgegangen werden, dass die Zahlen weiter zunehmen und das Niveau vor der Pandemie deutlich überschreiten werden“, erklärt AKV-Kärnten-Chefin Beatrix Jernej, die von „einem Anstieg sicher im zweistelligen Bereich“ ausgeht.
Vor allem für die Bau- und Immobilienwirtschaft dürfte aufgrund der hohen Material- und Energiepreise und des Einbruchs der Nachfrage 2024 ein Rekordinsolvenzjahr werden. Die schwierige Lage wird sich auch auf andere Branchen ausweiten, erwartet der AKV: auf Handwerksbetriebe, Holzverarbeiter und sogar Architekten. Stark insolvenzgefährdet bleibt die Gastronomiebranche, da der Personalmangel auch 2024 ein Thema bleibe.
Auch bei den Privatinsolvenzen erwartet der AKV, dass aufgrund der zunehmenden Verschuldungssituation Privater die Zahlen 2024 spürbar steigen werden und das Niveau von vor der Krise übertreffen werden.