„Das wertet die Lehre im heimischen Handel stark auf und stellt eine wichtige Investition in die Zukunft dar“, betont Rainer Trefelik. Der Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer zeigte sich – wie auch sein Gegenüber von der Arbeitnehmerseite – nach den geschlagenen Kollektivvertragsverhandlungen an sich nur mäßig erfreut. Es war, nach dem wochenlangen und zähen Ringen ein schmerzhafter Kompromiss für beide Seiten. Wenn es aber um die im Schnitt zehnprozentige Erhöhung der Lehrlingseinkommen geht, die ebenfalls ausverhandelt worden ist, hellte sich die Stimmung sichtbar aus. Im Handel steigen sie im ersten Lehrjahr auf 880 Euro, im zweiten auf 1130, im dritten Lehrjahr auf 1430 und im vierten Jahr auf 1490 Euro. Einzelne Handelsketten bieten ihren Lehrlingen teils höhere und damit über dem KV liegende Einkommen sowie verschiedene „Goodies“ bis zum B-Führerschein bei entsprechenden Lehrabschlüssen.
Es ist ein roter Faden, der sich auch heuer durch die Kollektivvertragsabschlüsse zieht. Die konjunkturunabhängige Nachfrage nach dem selbst ausgebildeten Nachwuchs ist und bleibt immens. Das spiegelt sich bereits seit einigen Jahren auch im Umstand wider, dass die Lehrlingseinkommen in den Kollektivverträgen vielfach über dem durchschnittlichen Abschluss angehoben werden.
Bis zu 16,5 Prozent mehr – und ein Klimaticket
Das hat die Herbstlohnrunde ebenso gezeigt wie die vorangegangene Frühjahrslohnrunde, wie eine kleine Auswahl zeigt. Bei den Metallern wurde bereits im Vorjahr eine Erhöhung in Etappen bis 2024 beschlossen. Aufgrund der hohen Inflation wurde aber die vorgesehene Prozenterhöhung für das 2., 3. und 4. Lehrjahr auf 8,5 Prozent angehoben. Im ersten Lehrjahr steigt das Einkommen wie vorgesehen von 900 auf 1000 Euro. Das betrifft alle Branchenverbände – also neben der Metalltechnischen Industrie auch die Nicht-Eisen-Metallindustrie, Bergbau-Stahl, Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen, Gießereiindustrie sowie Fahrzeugindustrie.
Im Metallgewerbe wurden die Lehrlingseinkommen nach Jahren gestaffelt erhöht. Durch eine Erhöhung um 16,5 Prozent beträgt das Lehrlingseinkommen im ersten Lehrjahr künftig 932 Euro. Die Einkommen im zweiten und dritten Jahr werden um 8,5 Prozent und im vierten Lehrjahr um 7,8 Prozent angehoben. Die 18.000 Lehrlinge bekommen um bis zu 16,5 Prozent mehr – und „einzigartig im Rahmen eines Kollektivvertrags in Österreich auch ein Klimaticket für die Öffi-Nutzung in ganz Österreich“, wie die Sozialpartner nach Abschluss der KV-Verhandlungen mitteilten.
Bei den Bäckern sind die Lehrlingseinkommen – wie auch die KV-Mindestlöhne – um 9,71 Prozent gestiegen. Bei den Brauereien, die sich bereits im Oktober – diesmal rasch und friktionsfrei – auf einen neuen Kollektivvertrag geeinigt haben, wurden die Lehrlingseinkommen um 9,2 Prozent angehoben. Bei den Privatforsten einigte man sich auf einen Anstieg der Lehrlingseinkommen um 8,8 Prozent – hier liegt das Lehrlingskommen im ersten Lehrjahr damit bereits bei 1,415,04 Euro.
Frühjahrslohnrunde hielt schon deutliche Erhöhungen bereit
Bereits in der Frühjahrslohnrunde zeigten sich zahlreiche überdurchschnittliche Abschlüsse. Im Holzbaumeister-Gewerbe einigten sich die Sozialpartner beispielsweise auf ein Plus von bis zu 16 Prozent für Lehrlinge, in der Holz-, Säge- und Faser- und Spanplattenindustrie wurde ein Anstieg von 13,24 Prozent vereinbart, beim Banken-KV stiegen die Lehrlingseinkommen um zehn Prozent, in der Elektro- und Elektronikindustrie um 10,5 Prozent, in der Papierindustrie um zehn Prozent, in der chemischen Industrie um 9,9 Prozent (plus Erhöhung der Lehrlingsprämien um jeweils 50 Euro), in der Glasindustrie um 10,1 Prozent. Argumentiert wurden die Erhöhungen durch die Bank damit, dass man die Attraktivität der Ausbildung in der jeweiligen Branche weiter steigern möchte.
Einen umfassenden Überblick über die Lehrberufe in Österreich – von A wie Abwassertechniker bis Z wie Zimmerer – sowie Informationen zur Höhe der jeweiligen Lehrlingseinkommen bietet das digitale „AMS Berufslexikon“.
Mit Ende November wurden in Österreich mehr als 109.000 Lehrlinge ausgebildet, gut 103.000 in Unternehmen sowie rund 6000 in überbetrieblichen Einrichtungen. Die Zahl der Lehrlinge in Unternehmen ist laut Wirtschafts- und Arbeitsministerium damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,1 Prozent gestiegen. Die Lehrlingsquote, das ist der Anteil der Lehrlinge im ersten Lehrjahr an der Anzahl der 15-Jährigen, lag im Jahr 2022 bei 40,7 Prozent.