Über 22.000 Ladepunkte zählt man in Österreich – und 2024 sollte das Jahr des Ausbaus werden. Alles klingt fast zu gut um wahr zu sein, nach den großen Anlaufschwierigkeiten. SPAR und BEÖ bauen bis 2025 E-Ladestationen auf 335 Standorte aus, Billa ist in das Ladegeschäft genauso eingestiegen, Shell hat große Pläne. Deutschland will sogar noch einen Schritt weiter gehen, viel weiter als Österreichs Politik, die sich im Kompetenzgerangel zwischen Verkehrs- und Wirtschaftsministerium verheddert: „Wir werden als erstes Land in Europa in den nächsten Wochen ein Gesetz auf den Weg bringen, mit dem die Betreiber fast aller Tankstellen dazu verpflichtet werden, Schnelllademöglichkeiten mit mindestens 150 Kilowatt für E-Autos bereitzustellen“, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz etwa im Sommer. Noch bevor die große Budgetkrise ausgebrochen war, und man die Förderungen für E-Autos in Deutschland einstellen musste.
Scheitern die Pläne?
An der Realität drohen aber viele Pläne zu scheitern. Trotz der Jubelzahlen bei den Zulassungen geht dem Elektro-Markt der Saft aus. Und droht damit den ambitionierten Infrastruktur-Projekten das Geschäftsmodell vorerst abzugraben. Dass die E-Mobilität kommt, gilt als gesetzt. Fragt sich nur wie schnell. Während die Elektro-Auto-Zulassungszahlen noch vom Abarbeiten und vom Ausliefern alter Bestellungen aus dem Vorjahr leben, verraten die aktuellen Zahlen etwas ganz anderes. Einige Hersteller gehen in Österreich inzwischen von einer echten Kaufzurückhaltung aus, die Neubestellungen bei E-Autos sind um bis zu 50 Prozent eingebrochen. Rabatte bringen die Käufer nur bedingt zurück.
Zweifel an der Infrastruktur
Die Zweifel an der Infrastruktur, die vielen Ladekarten und der undurchsichtige Tarifdschungel, die immensen Preisunterschiede bei den öffentlichen Ladestationen lassen viele Kunden verunsichert zurück. Die E-Autos sind außerdem zu teuer, günstigere Modelle werden erst gegen 2025 erwartet. Dazu kommt, dass der Netzausbau der heimischen Energieanbieter ebenso stockt und das Netz die neuen Belastungen und Möglichkeiten der Heimlader mit Photovoltaikanlagen gar nicht alle bewältigen und erfüllen kann. Auch die Integrierung des E-Autos in dem heimatlichen Stromkreislauf stockt (E-Autos können ihre Energie ins Haus einspeisen), und zwar aufgrund der Stromanbieter und der Garantieauflagen der Batteriehersteller und Autoproduzenten.
Die EU-Vorgaben
Das EU-Parlament hat ein Gesetz für den verpflichtenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos in Europa besiegelt: Entlang der Hauptverkehrsstraßen der EU sollen bis 2026 mindestens alle 60 Kilometer öffentliche Ladesäulen zur Verfügung stehen. Ladesäulen für Lkw sollen bis 2028 alle 120 Kilometer entlang des sogenannten TEN-V-Kernnetzes entstehen, wie das Parlament erklärte. Außerdem soll es bis 2031 mindestens alle 200 Kilometer Wasserstofftankstellen geben.
Das neue Gesetz macht auch Vorgaben für einheitliche Möglichkeiten zur Bezahlung sowie Angaben zu Preis und Leistung an Lade- und Tankstellen. Etwa muss der Preis an E-Auto-Ladestationen in Kilowattstunden angegeben und Kartenzahlung angeboten werden.
Was Österreich plant
Aktuell stehen am Asfinag-Netz mehr als 220 Ladepunkte an 36 Ladestandorten zur Verfügung. „Mit der Eröffnung der beiden „Rastplätze der Zukunft“ (A 1 Roggendorf/A 8 Hausruck) gehen im Frühjahr 2024 die ersten beiden Rastplätze mit modernster E-Ladetechnik für PKWs und LKWs in Betrieb. Zusätzlich bauen auch die Betreiber der Raststationen im kommenden Jahr weiter ihre E-Ladeinfrastruktur aus. Die aktuellen Ausbaupläne zeigen mehr als eine Verdoppelung der aktuellen Ladepunkte bis 2026. Die ASFINAG hat sich zum Ziel gesetzt bis zum Jahr 2030 1500 PKW E-Ladestationen und bis zum Jahr 2035 1300 LKW E-Ladestationen am Autobahn und Schnellstraßen Netz zu haben. Um diesen Ausbau sicherstellen zu können, Investiert die ASFINAG über 200 Millionen Euro in Netzanschlüsse und Transformatoren. Diese Investitionen sollen einen schnelleren Start der eigentlichen Konzessionen für die Errichtung und den Betrieb der E-Ladeinfrastruktur auf den Rastplätzen ermöglichen“, berichtet man im Verkehrsministerium, und betont die Förderungen für Ladestationen.
Positive Ausblicke und Hürden
Christian Klejner, E-Mobilitätsexperte beim ÖAMTC, sieht die Ausbaupläne und die Perspektiven für die Ladestationen positiv. „Es kommen immer mehr Anbieter dazu, auch bei den Tankstellen, damit sie ihr Geschäftsmodell erhalten. Auch die Situation, der vielen Ladekarten hat sich um einiges verbessert, es ist kein Thema mehr, dass ich zehn Ladekarten brauche, um laden zu können. Man muss noch nicht die Verpflichtung aussprechen, das neue gebaut werden, die Entwicklung ist gut.“ Auf drei wichtige Punkte weist er aber hin: Erstens seien die Ladestationen sind gar nicht so einfach zu bekommen, die Hersteller sind bei der Produktion am Limit - es gebe eine „natürliche Grenze“ beim Ausbau. Und bei der Wartung, etwa bei den komplexen Softwareprozessen, sei man aufgrund der engen Personalsituation in dem Bereich „am Plafond“ angelangt. Und der Ausbau der LKW-Ladepunkte sei alles andere als eine g‘mahte Wiesn: Das Platzproblem sei so gut wie nicht zu lösen.