Rund drei Wochen nach der Eröffnung des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung der Signa Holding fand am Dienstag am Handelsgericht in Wien die erste Gläubigerversammlung statt. Sanierungsverwalter Christof Stapf hatte bereits im Vorfeld erste Restrukturierungsmaßnahmen gesetzt: Neben der Reduktion des Personalstandes wurden die für Repräsentationstätigkeiten zuständigen Teilbereiche des Unternehmens insolvenzgerichtlich geschlossen. Erste Vermögenswerte, Beteiligungen und der Privatjet der Firma werden verkauft, die Mietverträge des Signa-Sitzes in zwei Innenstadtpalais wurden bereits aufgelöst.
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Fix ist bereits jetzt, dass für die Finanzierung des komplexen Verfahrens „weitere Sicherstellungen notwendig“ sind. Der exakte Liquiditätsbedarf werde „diese oder kommende Woche“ feststehen, dürfte aber über den bereits getätigten und zugesagten Zuschüssen des Signa-Gründers René Benko von „in Summe bisher drei Millionen Euro“ liegen. Bis dato haben 43 Gläubiger Forderungen in Höhe von rund 1,13 Milliarden Euro angemeldet – die Anmeldefrist für Forderungen endet am 15. Jänner 2024.
Es bleibt abzuwarten, ob die im Eigenantrag von der Signa Holding festgehaltenen potenziellen Verbindlichkeiten in Höhe von fünf Milliarden Euro tatsächlich durch die Gläubiger zur Anmeldung gebracht werden. Anders als bei Kika/Leiner gehört der Staat nach Auskunft von Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, nicht zu den größten Gläubigern bei der Signa-Pleite.
Eigenverwaltung wird Signa nicht entzogen
Das Insolvenzgericht sieht nach ausführlicher Berichterstattung durch den Sanierungsverwalter bis dato keine Gründe, die Eigenverwaltung zu entziehen. Somit wird das Verfahren als Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung fortgeführt. Die bisherige Überprüfung habe ergeben, dass „im Bereich des mittleren Managements der Gruppe ein Mangel an Managementkapazitäten mit übergreifendem Wissen“ bestehe und „die Holding ihrer Kontrollfunktion zuletzt nur mehr teilweise nachgekommen ist“. Vorbehaltlich weiterer Recherchen habe die bisherige Überprüfung der Geschäftsvorgänge des vergangenen Jahres mehrere Geschäftsfälle ergeben, die für das weitere Verfahren von Relevanz seien. Erst nach umfassender Prüfung dieser Fälle könne die Angemessenheit des angebotenen Sanierungsplans überprüft werden.
Palais Harrach und Palais Ferstel Adieu
Für den beschleunigten Verkauf von Beteiligungen und Vermögen sei ein Verwertungsplan in Gang gesetzt worden. Nicht zwingend notwendige Bestandsverträge werden und wurden bereits aufgelöst – so etwa für die Liegenschaft des Firmensitzes im Palais Harrach und Palais Ferstel in der Wiener Innenstadt. Eine Ablöse der getätigten Investitionen in Gebäude und Inventar werde geprüft.
Verwertung der Beteiligung am Chrysler Building
Sämtliche als Repräsentation und Akquise bezeichneten Teilbetriebe – wie etwa Jagd-, Flug- und sonstige Repräsentationsaktivitäten – seien „unmittelbar geschlossen“ worden. Der Personalstand der Signa Holding sank von 42 auf acht Beschäftigte. Die Verwertung des Privatjets der Holding des Typs Cessna Citation XLS sei „im Gange“. Ebenfalls abgestoßen werden sollen die Medienbeteiligungen der Immobiliengruppe. Weiters würden Gespräche über die Beteiligung an der Signa RFR US Selection AG geführt, zu der das Chrysler Building in New York gehört.
Allein die insolvente Signa-Dachgesellschaft Signa Holding GmbH verfügt laut Eigenangaben über 53 direkte Beteiligungen an Gesellschaften und mittelbare Beteiligungen an mehreren Hundert weiteren Gesellschaften. Das vorläufige Organigramm der Gruppe per Ende September 2023 umfasst laut Stapf insgesamt 46 Seiten im A3-Format.
„Verantwortung aller Beteiligten prüfen“
Bereits am Montag hat das Insolvenzgericht einen Gläubigerausschuss installiert. Es gehe jetzt darum, „die Verantwortlichkeiten aller beteiligten Personen zu prüfen“, insbesondere der Berater, die über Jahre eingeschritten sind, so Peschorn. Ein Mensch allein schaffe nicht so ein Firmenkonglomerat. Ein Mensch allein schaffe es nicht, jahrelang zu verhindern, dass man im Firmenbuch die Abschlüsse vorlegt und Transparenz schafft. Da stünden mehr dahinter. Und die sollten alle identifiziert werden und entsprechend zur Verantwortung gezogen werden, so Peschorn.
Die Signa Holding hatte die Insolvenz am 29. November beantragt, im Anschluss daran sind auch einige Signa-Töchter in Österreich und Deutschland – darunter Sportscheck und die Informationstechnologie GmbH – bereits in die Zahlungsunfähigkeit geschlittert. Der stark verschachtelte Signa-Konzern ist das bisher größte Opfer der Turbulenzen am Immobilienmarkt. Neben gestiegenen Zinsen machen Immobilienunternehmen auch höhere Baukosten und das Ausbleiben großer Immobilientransaktionen zu schaffen.
Bauarbeiten stehen „praktisch still“
Wie es in Wien unterdessen mit der Signa-Großbaustelle Lamarr am früheren Leiner-Standort in der Mariahilfer Straße weitergeht, ist zuletzt wegen der Schieflage des Konzerns von René Benko unklar gewesen. Stets betonte die Signa – im Firmengeflecht gab es zuletzt mehrere (Groß-)Pleiten –, die Bauarbeiten liefen weiter, während solche bei Prestigeprojekten in Deutschland allerdings eingestellt wurden. Der ORF berichtete nunmehr am Montagabend, die Lamarr-Baustelle stehe praktisch still.
In „Wien heute“ wurde ein Lokalaugenschein in der „MaHü“ gezeigt, der veranschaulichte, dass lediglich einige Aufräum- und Absicherungsarbeiten liefen, nicht aber Bauarbeiten. Zuletzt wurde von der Signa stets betont, beim Bau laufe alles nach Plan. Diese würden aber praktisch stillstehen, berichtete der ORF auch mit Verweis darauf, dass es von der Signa zu diesem Thema am Dienstag auf Anfrage keine aktuelle Stellungnahme gab. Kurzfristig gab es auch auf APA-Anfrage keine Auskunft.
„Da tut sich schon seit einiger Zeit nix“
Eigentlich sollte derzeit den Angaben zufolge die Fassade errichtet werden. Davon war auf den TV-Bildern nichts zu sehen. „Wir verfolgen, was sich hier tut beziehungsweise nicht tut, erste Reihe fußfrei. Da tut sich schon seit einiger Zeit nix“, sagte ein Nachbar. „Es wird nur Werkzeug zusammengeräumt“, sagte ein weiterer Anrainer, „unvollständig, leer, kalt, einsam, hässlich.“ Ein anderer sprach von „Absicherungsarbeiten“, die im Gegensatz zu Bauarbeiten zu beobachten seien.
Das geplante Edelkaufhaus samt Gastronomie am Dach und einem Hotel soll ursprünglichen Angaben zufolge 2025 eröffnen. Bisher steht nur das Stahlbetongerippe. Ein weiterer Anrainer, der auch Architekt ist und vom ORF gezeigt wurde, schloss es aus, dass dieser Zeitplan noch halten könne, auch wenn voll gearbeitet würde. Das sei „utopisch“.
Signa-Partner beim Projekt ist die thailändische Central Group. In der Schweiz übernimmt dieser Partner laut Plan die Signa-Anteile an der dortigen Warenhauskette Globus. Ob es auch in Österreich beim Lamarr-Kaufhaus zu einem ähnlichen Vorgehen kommt, ist offen.