Das Bundesgremium des Versand-, Internet- und allgemeinen Handels der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) legt die Fakten zu Onlineplattformen offen, die mit Kampfpreisen die Aufmerksamkeit von Konsumenten auf sich ziehen. Zuallererst sollte man wissen: Nationale Händler unterliegen einer Vielzahl an regulatorischen Anforderungen, die sowohl Konsumenten, den Umweltschutz und die fairen Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt sichern sollen. „Die Bewältigung dieser Regularien kostet heimische Händler unzählige finanzielle und personelle Ressourcen. Umso bedauerlicher ist es, wenn diese Anforderungen offensichtlich nicht für alle gleichermaßen gelten“, sagt Martin Sonntag, Obmann des Bundesgremiums.
Verträge mit chinesischen Händlern
Temu beispielsweise ist ein Online-Marktplatz, auf dem Produkte zu Kampfpreisen angeboten werden. Von der Zahnbürste über den Kleiderschrank zum Tablet und all das zum Spottpreis. Verträge schließen die Kunden nicht mit Temu selbst, sondern mit (meist chinesischen) Händlern ab, die ihre Produkte über den Online-Marktplatz anbieten und verkaufen. Der Haken an der Sache: Die Händler sind in vielen Fällen nur schwer zu eruieren, online mitunter nicht auffindbar und womöglich zu einem Teil auch nur am Papier existent. Die Einhaltung von gesetzlichen Verpflichtungen, sichere Produkte und Verbraucherschutz - zum überwiegenden Teil Fehlanzeige. „Temu-Produkte weisen häufig nicht das CE-Kennzeichen auf, das europäische Hersteller verwenden, um ihre Einhaltung der Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltschutzstandards zu kennzeichnen.“
Keine Rücksendemöglichkeit
Ob fehlende Rücksendungsmöglichkeiten der Waren, fehlende Produktkennzeichnungen, mangelnde Sicherheitsanforderungen der Produkte, unzählige Tonnen Müll, die in Österreich entsorgt werden müssen oder keine produktspezifischen Abgaben und Steuern; dies sind nur einige der wesentlichen Punkte, die von Konsument:innen, Verbraucherschutzorganisationen, Behörden und Mitbewerber:innen kritisiert werden. Mit der potenziellen Umgehung dieser Regularien ist es Plattformen wie Temu erst möglich, die derart niedrigen Preise und großen Absatzmengen zu bewerkstelligen. „Für heimische Online-Händler:innen, die auf Qualität und Kundenservice setzen, sowie der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben unterworfen sind, eine nicht zu bewerkstelligende Konkurrenzlage“, so Martin Sonntag.
Vorsichtig müssen Verbraucher auch bezüglich möglicher Zoll- und Steuerabgaben sein, die zusätzlich zu den niedrigen Produktpreisen entstehen können. Insbesondere können Rücksendungen erhebliche Kosten verursachen, wenn Waren nach China retourniert werden, sofern dies überhaupt möglich ist.
Mehr Kontrollen gefordert
Aufgrund des undurchsichtigen und verschleierten Geschäftsmodells diverser Online-Marktplätze wie Temu, ist es Wettbewerbern schwer möglich, Verstöße aufzuzeigen: Konsumenen haben ebenfalls kaum die Möglichkeit ihre rechtlichen Möglichkeiten (beispielsweise Rücktrittsrecht) durchzusetzen. „Daher liegt es an den nationalen Behörden sowie an den EU-Institutionen, den rechtlichen Rahmen dafür zu schaffen, dass die europäische Wirtschaft nicht größtes Opfer ihres eigenen Wertekompasses wird.
Die EU muss die Einfuhr von derartigen Produkten stärker kontrollieren, die Behörden müssen sicherstellen, dass alle Vorgaben, die für europäische Händler gelten, auch für Unternehmer aus Drittstaaten gelten“, fordert der Bundesgremialobmann. Insbesondere dann, wenn Händler aus Nicht-EU-Staaten mit derart aggressivem Preiskampf und potenziell schädlichen Produkten massive Schäden anrichten. Man dürfe nicht riskieren, dass sich innerhalb der europäischen Wirtschaft ein nicht kontrollierbarer Parallelhandel etabliert, der auf kurz oder lang europäische Wirtschaftsakteure in den Ruin treibt.
„Wir brauchen strengere Maßnahmen und Kontrollen für diese Plattformen und die dahinterstehenden Händler:innen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen für alle gelten und dürfen nicht den heimischen Handel schwächen“, sagt Sonntag. Darüber hinaus bedauert es das Bundesgremium, dass die österreichische Post, als teilstaatliches Unternehmen, die Zusammenarbeit mit derartigen Plattformen forciert.
Besser regional
„Die einfachste Lösung ist: Setzen Sie auf den österreichischen Handel und kaufen Sie bei nationalen und lokalen Händlern. Neben unangefochtener Qualität kaufen Sie hier Kundenservice, umfassenden Konsumentenschutz und eine nachhaltige Ausrichtung“, so Sonntag, der zudem empfiehlt, auf das Siegel „Österreichischer Onlineshop“ zu achten und damit sicherzugehen, „dass der Einkauf sein volles Potenzial in Österreich entfaltet“.