Zehn Tage vor Weihnachten zieht der Handel eine nüchterne Bilanz über das bisherige Weihnachtsgeschäft. Statt Umsatzsegen und Weihnachtsfrieden sehen sich die Händler mit Konsumflaute und Warnstreiks konfrontiert. Der weihnachtsbedingte Dezember-Mehrumsatz von 1,25 Milliarden Euro netto werde um fast 200 Millionen Euro unter dem Vorjahr liegen, auch im Gesamtjahr dürften die Umsätze im Handel mit 75,3 Mrd. Euro netto real um 3,6 Prozent im Minus sein, zeigt eine Wifo-Prognose.
360 Euro pro Person
„So etwas hat es kaum gegeben in der Dimension“, sagte der Geschäftsführer vom Handelsverband, Rainer Will, am Donnerstag bei einem Pressegespräch. Die Konsumentinnen und Konsumenten würden aufgrund der hohen Teuerung kräftig den Sparstift ansetzen. Seien die durchschnittlich geplanten Weihnachtsausgaben pro Person im Vorjahr noch bei 395 Euro gelegen, so seien es nun 360 Euro. 2021 waren es überhaupt noch 463 Euro.
Die Warnstreiks im Handel aufgrund der stockenden KV-Verhandlungen seien da nicht optimal, wenngleich die Umsätze davon bisher kaum beeinflusst worden sein, sagte Will. „Kaum heißt aber nicht gar nicht.“ Der Konflikt müsse von der Straße zurück auf den Verhandlungstisch verlagert werden. Die Arbeitgeber bieten derzeit ein Gehaltsplus von 8 Prozent. Angesichts der derzeitigen Lage im Handel mit Umsatzrückgängen, Insolvenzen und Schließungen aus Sicht von Will ein hohes Angebot, das Personaleinsparungen zur Folge haben dürfte. „Sonst bleibt nur der Konkurs oder die Schließung im Stillen“, sagte der Interessenvertreter.
Warnstreiks werden fortgesetzt
Die Gewerkschaft hat ihre Warnstreiks am Donnerstag weiter fortgesetzt. Stundenweise Arbeitsniederlegungen und öffentliche Aktionen gab es unter anderem bei dm, Bipa, Lidl, Hofer und Eurospar. Am Freitag findet bereits die sechste Verhandlungsrunde für einen neuen Handelskollektivvertrag statt. Die Gewerkschaft pocht auf ein Plus von zumindest der Höhe der Jahresinflation. Das wären 9,2 Prozent.
Schon jetzt würde ein Drittel der Händler für 2024 einen Personalabbau planen, um die wirtschaftliche Existenz abzusichern, räumte Will ein. „Wir müssen einen Kompromiss erzielen und können keine Massenkonkurse riskieren.“ Will verwies auf Zahlen des Gläubigerschutzverbands KSV1870, laut dem der Handel heuer die Insolvenzstatistik mit 1.003 Pleiten anführt.
Schlechte Zeiten für Buchhandel
Besonders schlecht sei es um den Möbel- und Elektrohandel bestellt, aber auch der Bekleidungs- und Schuhhandel seien im Minus. Im Buchhandel funktioniere zwar das Weihnachtsgeschäft „super“, sagte Will. Das gleiche aber die elf Monate davor, die schlecht gelaufen seien, auch nicht aus. Heuer mussten bereits 4 Prozent der Buchhändler schließen.
Das Wifo ist für 2024 aber optimistisch. Aufgrund der hohen Lohnabschlüsse würden die real verfügbaren Einkommen kräftig steigen, wovon auch der Handel profitieren werde, sagte Jürgen Bierbaumer vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo.