Die ÖVP scheint grundsätzlich offen zu sein für den Vorschlag der Grünen, wonach privaten Kreditnehmern eine rückwirkende Umwandlung eines variabel verzinsten Immobilienkredits ermöglicht werden soll. „Das, was uns eint: dass wir jenen Menschen und vor allem Familien unter die Arme greifen wollen“, sagte ÖVP-Klubobmann August Wöginger am Mittwoch im Pressefoyer nach der Ministerratssitzung. „Die Maßnahmen, wie wir dorthin kommen, die müssen wir diskutieren.“
Rückwirkende Konvertierung
Es handle sich – anders als ursprünglich medial kolportiert – nicht um einen Vorschlag aus dem (grün geführten) Justizministerium, sondern um einen des grünen Parlamentsklubs, „den wir übermittelt haben und den wir diskutieren wollen“, sagte dazu die Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer im Pressefoyer. Laut dem auch der APA vorliegenden Entwurf für einen Initiativantrag soll die rückwirkende Konvertierung für alle variablen Hypothekar- oder Immobilienkredite gelten, die ab dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden. Die Banken wären demnach verpflichtet, allen Betroffenen eine Umwandlung anzubieten. In Anspruch genommen werden können soll die Möglichkeit zur Umwandlung einmalig – und zwar bis Ende 2024.
Banken Umstiegsangebot vorlegen
Der Konvertierungsanspruch soll laut dem Vorschlag ein Umstellen ermöglichen, als ob die Kreditnehmer und die Bank bereits ursprünglich („vor dem unvorhergesehenen Zinsanstieg“) einen fixen anstatt eines variablen Kreditsatzes vereinbart hätten. Es würde also rückwirkend zu den damaligen Konditionen abgeschlossen – nur mit Fixzins. Die Banken sollen den Kreditkunden innerhalb von zwei Monaten ein Umstiegsangebot vorlegen, in dem der Fixzins genannt wird.
Außerdem müssten der fix und variabel verzinste Kredit gegenübergestellt werden, damit die Verbraucher die Vertragsbedingungen auf einen Blick vergleichen können. Bei Nichtbefolgung sieht der Vorschlag Verwaltungsstrafen für die Banken vor. Der zur Anwendung kommende Fixzinssatz soll von der Finanzmarktaufsicht (FMA) festgelegt werden, damit Banken keine Angebote mit beliebig hohen Zinssätzen legen.
500.000 Haushalte betroffen
Maurer sagte, es gebe „ganz viele Beispiele von Familien“, die nun viel mehr pro Monat zahlen müssten als zuvor, betroffen seien rund 500.000 Haushalte. Es sei für die Personen, die diese variablen Kredite abgeschlossen haben, nicht absehbar gewesen, dass Russland die Ukraine überfallen wird, nannte sie einen der Gründe für die Zinsanstiege. Hintergrund des Problems ist die im vergangenen Jahr durch die Europäische Zentralbank (EZB) eingeläutete Zinswende. Durch den Anstieg des Leitzinses haben sich bei variablen Krediten die Zinssätze und damit auch die Rückzahlungsraten erhöht, wodurch viele Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. „Wir glauben, dass man hier unterstützen muss, weil die Leute brechen unter dieser Zinslast zusammen“, so Maurer.
Wöginger sprach von einer „dramatischen Veränderung“ in den letzten zwei Jahren bei den Zinssätzen. „Variable Zinssätze sind stark und rasant gestiegen, das ist natürlich für die Familien in Zeiten wie diesen unerschwinglich.“
Zuvor hatte der „Kurier“ von Vorbehalten seitens des ÖVP-geführten Finanzministeriums berichtet. „Der Vorschlag wurde kurzfristig übermittelt und wirft auf den ersten Blick unter anderem verfassungsrechtliche Fragen auf“, zitierte die Zeitung aus einer Stellungnahme des Ministeriums. Laut „Standard“ will das Finanzministerium die Idee zwar prüfen. Der Vorschlag sei allerdings „unausgegoren“. Die Auswirkungen auf Finanzmarktstabilität und Banken seien nicht geprüft worden. Außerdem sei ein nachträglicher Eingriff in Verträge heikel.