Helmut Kamer ist am 28. November 2023 im Alter von 84 Jahren verstorben. 1963 begann er seine Karriere am Wifo zunächst als Referent für Industrie- und Strukturpolitik, dann als Konjunkturreferent. Nach einer Zeit als stellvertretender Leiter, war er von 1981 bis 2005 Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). 1989 verlieh ihm die Universität Wien eine Honorarprofessur für österreichische Wirtschaftspolitik. Von 2005 bis 2007 war Helmut Kramer Rektor der Donau-Universität Krems. Er hinterlässt eine Ehefrau und drei Töchter.
„Wir bekunden seinen Angehörigen unser tief empfundenes Beileid. Helmut Kramers Exzellenz und Objektivität als Wirtschaftsforscher machte ihn zum wirtschaftspolitischen Berater aller österreichischen Bundesregierungen seit 1970. Er hat zudem das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung von einem nationalen Institut in eine internationale Forschungseinrichtung gewandelt. Unter seiner Leitung hat das WIFO den europäischen Integrationsprozess wissenschaftlich begleitet und ex ante auf die Vorteile der Integration, aber auch die nötigen Veränderungen hingewiesen“, so Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr.
Bekannt als Generalist
„Die Berufslaufbahn von Helmut Kramer war geprägt durch vier Kernkompetenzen: Wirtschaftsforschung, Politikberatung, Lehre und Management. Die erfolgreiche Nutzung dieser vier Kompetenzen hat das Wifo während seiner Tätigkeit als Leiter zu einem international bekannten Wirtschaftsforschungsinstitut gemacht“, so Karl Aiginger, der die WIFO-Leitung 2005 von Kramer übernahm und diese Position bis 2016 innehatte.
Kramer galt am Wifo als ein Generalist: „Nur wenige Wirtschaftswissenschafter analysierten wie er Konjunktur und Wachstum, anerkannten den Beitrag von Angebot und Nachfrage für die Wirtschaftsdynamik oder nutzten die Tiefe der Input-Output-Analyse, um komplexe Verflechtungen und technologische Trends abzubilden“, so Aiginger. Kramer untersuchte die Folgen von europäischer Integration und Globalisierung, entwickelte aber auch Strategien für Bundesländer und Regionen oder durchleuchtete Steuerstrukturen und Verwaltungskosten. Die von ihm schon früh gestellte Frage nach Folgen und notwendigen Veränderungen in den alternden Gesellschaften Europas ist heute ein zentrales Forschungsinteresse.
Zwischen Wissenschaft und Politik
Als Leiter des WIFO und Ökonom beschäftigte sich Helmut Kramer auch mit dem Spannungsverhältnis zwischen ökonomischer Wissenschaft und ihren politischen Anwendungen. In seinen Wifo-Monatsberichtsbeiträgen zur Wirtschaftskrise 2008 skizzierte er die Notwendigkeit, die Ökonomie stärker zu öffnen, um in bedeutenden gesellschaftlichen Entwicklungsfragen Fortschritt zu erzielen, da die „Großen Probleme undiszipliniert sind“.
Zusätzlich zu seiner Leitungsfunktion übernahm er zahlreiche Lehraufträge. Die Universität diente Kramer dabei als Quelle für Ideen, zur Fundierung von Hypothesen sowie als Basis für die wirtschaftspolitische Beratung. In seinen Lehraufträgen an in- und ausländischen Universitäten teilte Helmut Kramer seine Erkenntnisse aus Analysen und Beratung mit den Studierenden. Darüber hinaus förderte er den Dialog mit akademisch geschulten Ökonominnen und Ökonomen, um die empirische Relevanz von sowohl akademischen als auch politischen Forschungsfragen zu vertiefen.