Gegen allgemeine Trends kräftig zu wachsen und damit aufzuzeigen, was Digitalisierung längst für den Klimaschutz leisten kann, das kennzeichnet den Chiphersteller Infineon bereits seit vielen Jahren. „Die beiden Trends Digitalisierung und Dekarbonisierung verstärken sich gegenseitig. Sie treiben unser Wachstum voran,“ sagt Sabine Herlitschka, Chefin von Infineon Österreich. Die Zahlen stellt sie dabei gar nicht in den Vordergrund. Ein Herzensanliegen ist ihr, zu erzählen, „wie Technologie zu mehr Nachhaltigkeit beitragen kann“. Die Österreich-Zahlen markieren wieder einmal einen Rekord, mit einem Umsatzplus von sieben Prozent auf 5,6 Milliarden Euro und einem Vorsteuerergebnis von 835 Millionen Euro, was sogar ein Plus von 26 Prozent ist. „Ein sehr respektables Ergebnis“, erklärt der langjährige Finanzchef Oliver Heinrich, der in eine Spitzenfunktion in die Konzernzentrale nach Neubiberg gewechselt ist und das Zepter mit November an den Steirer Jörg Eisenschmied übergeben hat. Aber auch Infineon bekommt in vielen Bereichen die eher schwache Weltwirtschaft zu spüren. Deshalb steht derzeit Kostenkontrolle ganz oben, betont der Unternehmensvorstand in Wien.

Ein „Nachfragetief“ gibt es überall, wo Chips in sehr Konsumenten-nahen Produkten stecken, etwa Smartphones, Laptops oder PCs. Herlitschka: „Die strukturellen Wachstumstreiber sind aber intakt, wir werden diesen Abschwung gut managen.“ Sie erklärte dann auch schnell, was das bedeutet: „Wir kündigen niemanden, aber wir schauen jetzt genau, wo Nachbesetzungen notwendig sind.“ Eisenschmied zufolge werde sich Infineon auch „bei den Investitionen zurückhalten“. Chips für Energieeffizienz-Anwendungen erfreuen sich indes weiter großer Nachfrage, etwa für E-Autos, in Rechenzentren, bei Wechselrichtern für große PV-Anlagen oder Windrädern. „Rechenzentren haben einen Anteil von zwei Prozent am globalen Energieverbrauch“, so Herlitschka. Bis 2030 steige der Anteil auf sieben Prozent, Energiesparchips seien gefragt, „weil jedes Zehntel Prozent weniger Energieverbrauch einen großen Impact hat“.

Auch derzeit 160 offene Stellen

Infineon Österreich hat selbst in dieser verhaltenen Wachstumsphase immer noch 160 offene Stellen, die meisten davon am größten Standort in Villach. Es gibt auch keinen Aufnahme-Stopp, allerdings wird der Schwerpunkt jetzt auf die Integration der 1000 Mitarbeiter gelegt, die seit 2021 aufgenommen wurden, davon 425 im Geschäftsjahr 2022/23. Herlitschka zufolge schafft eine Stelle bei Infineon fast drei weitere Jobs in der Region. Die Wertschöpfung, die rund um die sieben Österreich-Standorte des Leitbetriebes entsteht, beziffert sie mit 2,24 Milliarden Euro.

Eher im Hintergrund bereitet sich Infineon Österreich auf den nächsten Wachstumsschub vor, die neuen Halbleitermaterialien Siliciumkarbid und Galliumnitrid spielen dabei eine immer größere Rolle. Die konzernweite Entwicklung liegt in Villach. Erst vor Kurzem konnte der Konzern die fast 800 Millionen Euro teure Übernahme des kanadischen Spezialisten für Leistungshalbleiter GaN Systems abschließen.

Mehr Geld für Forschung und Entwicklung

„Galliumnitrid ist ein spannendes Material“, erklärt Technik-Vorstand Thomas Reisinger. Bis spätestens 2030 wachse der Markt für diese Halbleiter, die für höchste elektrische Leitfähigkeit bei geringster Wärmeentwicklung stehen, um sechs Milliarden Euro. In Villach wird ein neuer Gebäudeteil nur für diese neue Halbleiter-Generation auf Galliumnitrid- und Siliciumcarbid-Basis eingerichtet. Von den Gesamtinvestitionen in Höhe von 628 Millionen Euro – zehn Prozent mehr als vor einem Jahr – floss ein beachtlicher Teil in die neuen Technologien. Mit 672 Millionen Euro wurden Forschung und Entwicklung vorangetrieben. Insgesamt produzierten die Villacher 9,2 Milliarden Chips, nach neun Milliarden ein Jahr zuvor. Davon waren 2,3 Milliarden Stück Wafer, extrem teure Silizium-Scheiben, die mit hochkomplexer Robotertechnik teilweise über Wochen hergestellt werden.

Der börsennotierte Konzern hatte seine Zahlen bereits veröffentlicht. Der Umsatz kletterte um 15 Prozent auf 16 Milliarden Euro. Er soll im laufenden Geschäftsjahr auf 17 Milliarden Euro zulegen. Das Wachstum ist also nicht abgesagt, nur eingebremst. Herlitschka ist stolz auf die Zahlen, schließlich sei der globale Halbleitermarkt um 13 Prozent eingebrochen. In den Segmenten, in denen Infineon Produkte anbiete, sei der Markt immerhin noch um ein Prozent geschrumpft.

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. © APA / Infineon Technologies Austria / Martin Hörmandinger
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. © APA / Infineon Technologies Austria / Martin Hörmandinger