Die dritte Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich („Sozialwirtschaft Österreich“) brachte den Durchbruch: In der Nacht auf Dienstag erreichten die Verhandlungspartner nach 16 Stunden einen Abschluss. Löhne und Gehälter wie auch Zulagen und Zuschläge werden um 9,2 Prozent erhöht. Der neue Mindestlohn liegt bei 2067,40 Euro. Die Erhöhung gilt für IST-Einkommen wie für Mindesteinkommen gleichermaßen.
300 Euro mehr nach zehn Dienstjahren
Eva Scherz, Verhandlerin für die Gewerkschaft GPA, zeigte sich entsprechend erfreut: „Mit dem vorliegenden Abschluss werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer finanziell entlastet. Eine Sozialarbeiterin mit zehn Dienstjahren verdient nun monatlich bei Vollzeit beispielsweise über 300 Euro mehr. Die Gehaltserhöhungen nehmen vielen Beschäftigten, die sich ihr Leben nur noch schwer leisten können, Sorgen und federn die Teuerung ab. Gerade im Vergleich mit anderen Branchen zeigt sich, dass eine Erhöhung über der Inflationsrate von 8,7 Prozent alles andere als selbstverständlich ist.“
„Nur durch Zusammenarbeit machbar“
Michaela Guglberger, Verhandlerin für die Gewerkschaft vida, erklärte in einer Aussendung: „Dieser Abschluss war nur durch unseren Zusammenhalt machbar. Wir bedanken uns bei allen, die an den Betriebsversammlungen teilgenommen und so den Druck verstärkt haben. Gleichzeitig ist dieser Abschluss der Beweis, dass die Sozialpartnerschaft in unserer Branche funktioniert. Im Rahmen von respektvollen Verhandlungen haben wir ein Ergebnis zustande gebracht, das sich sehen lassen kann.“
„Starkes Zeichen für die Beschäftigten“
Aber auch die Arbeitgebervertreter gaben sich zufrieden: „Mit diesem Abschluss konnten wir ein starkes Zeichen für die Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitsbereich setzen, die im letzten Jahr mit hohen Kosten aufgrund der Teuerung belastet wurden“, sagte der Verhandlungsführer der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), Walter Marschitz, in einer Aussendung. Zur Entlastung der Teilzeit-Beschäftigten sei eine Senkung der so genannten Pufferstunden bei Teilzeit-Mehrarbeitsstunden vereinbart worden. Marschitz: „Wir haben mit der Arbeitnehmerseite eine Senkung von 16 auf 8 Stunden vereinbart, damit erreichen wir den Großteil der Beschäftigten.“ 64 Prozent der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft arbeiten in Teilzeit.
„Mit der Erhöhung über der Inflationsrate senden wir auch ein wichtiges sozialpolitisches Signal aus“, freute sich auch SWÖ-Vorsitzender Erich Fenninger und betont: „Wir wissen, dass unsere Beschäftigten im vergangenen Jahr besonders unter der Teuerung gelitten haben. Gleichzeitig sind wir bereits jetzt und auch in Zukunft sehr gefordert, Arbeitskräfte zu gewinnen. Durch diese Entgelterhöhung wollen wir beide Probleme adressieren.“
Maßnahmen bis zum Streik in Aussicht gestellt
Neben dem monetären Abschluss wurden auch Verbesserungen im Rahmenrecht vereinbart. So wird etwa die Bezahlung während der Nachtbereitschaft angehoben, der Zuschlag für Einspringen um 15 Prozent erhöht oder die Anerkennung von Vordienstzeiten und ausländischen Ausbildungen verbessert.
Die Änderungen im Kollektivvertrag werden mit 1. Jänner 2024 in Kraft treten. Die Gewerkschaft hatte letzte Woche noch Maßnahmen bis hin zum Streik in Aussicht gestellt, sollte es zu keinem Abschluss kommen. Die Gewerkschaften GPA und vida waren in der letzten Verhandlungsrunde (am 15. November) bei ihrer Forderung nach einem Gehalts-Plus von 15 Prozent geblieben - mindestens aber 400 Euro mehr. Die Arbeitgeber hatten aber ebenfalls auf ihrem Angebot in Höhe von 8,8 Prozent beharrt, zum Verhandlungsbeginn am Montag aber ein verbessertes Angebot angekündigt.