Rund um die bedrohliche Schieflage des Signa-Imperiums von René Benko rückt auch der frühere SPÖ-Chef und Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer wieder in den Fokus. Dieser fungiert als Beirat der Signa Holding sowie – seit 2010 – als Aufsichtsratschef der Signa Prime Selection und der Signa Development Selection und gilt seit Jahren als wichtiger Benko-Vertrauter. Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „News“ soll er der Signa Holding für die Jahre 2020 bis Frühjahr 2022 Beraterhonorare in Höhe von über sieben Millionen Euro in Rechnung gestellt haben.

In einer Rechnungsleistungsbeschreibung heißt es laut Magazinbericht wörtlich, dass man „bei der Restrukturierung und bei der Finanzierung des D18-Pakets der Galeria-Kaufhof-Karstadt-Gruppe und bei der Beantragung eines Nachrangdarlehens beim WST für GKK“ (Anmerkung: Korrekt heißt es: „Galeria Kaufhof Karstadt“) beratend mitgewirkt habe. Zusätzlich erhält Gusenbauer eine Vergütung als Beiratsmitglied der Signa Holding und als Aufsichtsratschef und Chefkontrolleur der Signa Prime Selection, der Signa Development Selection und der Signa RFR US Selection.

SPÖ will (und kann wohl nicht) Gusenbauer ausschließen

SPÖ-Chef Andreas Babler hat Gusenbauer, einer seiner Vorgänger an der Parteispitze, wegen dessen Tätigkeit in der von Benko gegründeten Signa Holding zuletzt kritisiert. Im Interview mit der Kleinen Zeitung betonte Babler: „Moralisch ist eine Beteiligung am System Benko aus meiner Sicht nicht ok.“ Nach den nun bekannt gewordenen Honoraren hieß es aus der Bundespartei nur, dass kein Ausschluss geplant sei. Babler sehe Gusenbauers Weg nach Ausscheiden aus der Politik kritisch, zudem wird allgemein auf die Notwendigkeit einer Cooling-off-Phase hingewiesen für ehemalige Spitzenpolitiker. Laut „News“ ist Gusenbauer praktisch direkt vom Kanzleramt zu Signa gewechselt.

Für die SPÖ sind die neuen Erkenntnisse mehr als unangenehm, so kurz nach dem Parteitag in Graz, als Babler zum „Anpfiff“ geblasen hatte. Die ÖVP hat am Freitag angekündigt, einen eigenen U-Ausschuss im Parlament einzurichten, zwar in erster Linie, um den geplanten Cofag-Ausschuss der Opposition zu konterkarieren, aber die Volkspartei will zu Postenbesetzungen und möglicher Verschwendung in roten und blauen Ministerien bei Gusenbauer anfangen. „Das ist hochaktuell“, sagte ÖVP-Abgeordnete Andreas Hanger.

Dass die SPÖ kein Ausschlussverfahren gegen Gusenbauer anstrengen wird, ist aber auch statuarisch begründet. Die Hürden für Parteiausschlüsse sind hoch, die Verfahren vor den parteiinternen Schiedsgerichten dauern lange. Die ehemalige Staatssekretärin Christa Kranzl etwa war nach einem mehr als zehnjährigen Verfahren mit zahlreichen Einsprüchen 2021 aus der Partei selbst ausgetreten. Sie hatte 2011 in ihrem Heimatort mit einer eigenen Liste gegen die SPÖ kandidiert.