Spätabends folgt am Montag der wirtschaftspolitische Paukenschlag. Um 22:41 Uhr meldete AT&S, weltweit tätiger Spezialist für Leiterplatten mit Hauptsitz in Leoben-Hinterberg, per Adhoc-Meldung, dass man eine „Kapitalmaßnahme erwäge“. Was sich erst einmal sehr technisch liest, birgt spektakuläres Potenzial. Im Zuge einer avisierten Kapitalerhöhung könnte sich nämlich die Republik Österreich über die Staatsholding ÖBAG an AT&S beteiligen. Das berichtete zunächst der Kurier.
Der Hightechkonzern formuliert das Vorhaben schließlich folgendermaßen: „Um den Erfolg dieser möglichen Kapitalmaßnahmen zu unterstützen, führt AT&S Verhandlungen mit der Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) betreffend eine mögliche Zeichnung durch diese bei den möglichen Kapitalmaßnahmen“. Nach derzeitigem Verhandlungsstand würde die ÖBAG eine Beteiligung von „zumindest 25 Prozent + 1 Aktie am Grundkapital der AT&S anstreben“. Zugleich will der AT&S-Vorstand auch mit weiteren potenziellen Investoren die Gespräche aufnehmen. Vonseiten des Aufsichtsrats gibt es freilich noch keine Zustimmung zu einem etwaigen Einstieg.
Die Aktien von AT&S haben am Dienstag in der Früh mit deutlichen Verlusten eröffnet. Das Papier des Leiterplattenherstellers gab in den ersten Handelsminuten an der Wiener Börse um 15,3 Prozent auf 23,96 Euro nach. Gegen 15:30 Uhr lag das Minus immer noch bei 13 Prozent.
Zwei Stiftungen als größte Aktionäre
Zurzeit ist die Eigentümerschaft der AT&S gewissermaßen zweigeteilt. Einerseits befinden sich 68 Prozent der Anteile im Streubesitz, andererseits treten zwei Stiftungen als gewichtigste Einzelaktionäre auf. Und zwar jene von Ex-Finanzminister Hannes Androsch und jene des Industriellen Willi Dörflinger. In Summe halten beide Investoren, zwei AT&S-Urgesteine, je knapp 18 Prozent der AT&S-Anteile.
Im Angesicht der aktuellen Entwicklungen besonders spannend: Noch 1994 entschied der Aufsichtsrat der damaligen, staatlichen „Österreichischen Industrieholding AG“, AT&S an eine Bietergruppe unter der Führung von Hannes Androsch, Willi Dörflinger und Helmut Zoidl abzugeben. Just knapp dreißig Jahre nach der Privatisierung könnte sich der Staat jetzt also wieder einen beträchtlichen Anteil am Unternehmen holen.
ÖBAG bestätigt Gespräche
Vonseiten der ÖBAG wurden die Gespräche bestätigt, diese seien aber noch in einem frühen Stadium, sagte ein ÖBAG-Sprecher. Im Rahmen der Neugeschäftsstrategie der Staatsholding kann sich die ÖBAG auf Wunsch von Unternehmen an österreichischen Firmen, die in Zukunftstechnologien tätig sind, beteiligen.
Weltweit beschäftigt AT&S mehr als 15.000 Mitarbeitende. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 setzte die Gruppe in Summe fast 1,8 Milliarden Euro um.