Die Inflation im Euroraum könnte laut EZB-Vize Luis de Guindos trotz der straffen Zinspolitik in den kommenden Monaten zeitweise wieder zulegen. Dabei spielten auch sogenannte Basiseffekte eine Rolle, sagte der Stellvertreter von EZB-Chefin Christine Lagarde am Montag auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt. Denn der starke Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise vom Herbst 2022 falle nun aus den Berechnungen heraus.
„Aber wir gehen davon aus, dass der generelle Prozess der Disinflation mittelfristig anhalten wird“, sagte de Guindos mit Verweis auf den Abwärtstrend bei der Teuerung. Die Inflation in der Eurozone war im Oktober auf 2,9 Prozent gesunken, nach 4,3 Prozent im September. Zum Vergleich: Im Herbst 2022 lag die Teuerungsrate noch zeitweise bei über zehn Prozent.
„Energiepreise sind eine große Quelle der Unsicherheit“
„Die Energiepreise bleiben eine große Quelle der Unsicherheit angesichts der erhöhten geopolitischen Spannungen und den Auswirkungen fiskalischer Maßnahmen“, sagte de Guindos. Für die Bankenbranche bedeute die gegenwärtige Situation, dass die regulatorischen Vorgaben für die Krisenpuffer nicht angetastet werden sollten. Die Behörden sollten sie beibehalten, um sicherzustellen, dass sie dann verfügbar sind, sollten sich die Bedingungen in der Bankenbranche verschlechtern.
Was bedeutet das für die Leitzinsen?
Die Währungshüter der EZB hatten im Oktober nach zehn Zinserhöhungen in Folge eine Zinspause beschlossen. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, wurde bei 4,00 Prozent belassen – das höchste Niveau seit dem Beginn der Währungsunion 1999. Noch im Juni 2022 lag er bei minus 0,50 Prozent. Der Leitzinssatz verblieb bei 4,5 Prozent. Inzwischen ist die Inflation im Oktober auf 2,9 Prozent gesunken, nachdem sie im Herbst 2022 zeitweise noch bei über zehn Prozent gelegen hatte. Ziel der EZB sind zwei Prozent Teuerung.
„Wir müssen wachsam bleiben“
Der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, hatte zuletzt zumindest Spekulationen über rasche Zinssenkungen eine Absage erteilt. Mit einer baldigen Senkung der Zinsen sei nicht zu rechnen, so das Mitglied der Europäischen Zentralbank (EZB). „Irgendwann wird das geschehen, aber im Moment sehe ich das nicht.“ Die EZB müsse die Inflationsentwicklung genau beobachten und bereit sein, die Zinsen nötigenfalls erneut anzuheben. „Wir müssen wachsam bleiben.“ Der Sieg über die Inflation sollte auf keinen Fall zu früh verkündet werden, warnte Holzmann.