„Unser wichtigster Mitarbeiter ist der Pilz, ihn hegen und pflegen wir“, sagt Hannes Woerner von Sandoz Österreich. Bei „dem Pilz“ handelt es sich um einen Schimmelpilz, der die Grundlage der Penicillin-Herstellung im Sandoz-Standort in Kundl in Tirol bildet. Dabei handelt es sich um den letzten verbliebenen vollintegrierte Penicillin-Produktionsstandort in Europa. Das bedeutet, es wird vom medizinischen Wirkstoff bis zur Tablette alles an Ort und Stelle hergestellt. Während der letzten zwei Jahre wurde die Antibiotikaproduktion ausgebaut und erweitert, das Investment beziffert der Schweizer Pharmakonzern mit 150 Millionen Euro. Der Bau wurde mit 45 Millionen Euro vom Bund sowie fünf Millionen Euro vom Land Tirol subventioniert.

Errichtet wurden zwei neue Produktionslinien, somit konnte nun die Wirkstoffproduktion dabei handelt es sich um den zweiten Produktionsschritt nach der Fermentierung, an der der besagte Schimmelpilz beteiligt ist – von Spanien nach Kundl verlegt werden. Der Testbetriebt läuft, ab 2024 beginnt die Vollproduktion. Die Erweiterung bringt zudem 60 zusätzliche Jobs mit sich.

Hergestellt werden in Kundl pro Jahr 4000 Tonnen an Wirkstoff, damit könne man den europäischen Jahresbedarf decken, rechnete Peter Stenico (Sandoz Country President) vor. Aus dieser Wirkstoffmenge werden rund 200 Millionen Packungen hergestellt, die in 100 Länder ausgeliefert werden. Und dennoch war ein vorrangiges Thema bei der Eröffnung am Freitag der Medikamentenmangel. „Mit der Erweiterung leiste Sandoz einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit mit Antibiotika in Europa“, sagte Stenico. Die Versorgung mit Penicillin sei von enormer Bedeutung für die Bevölkerung. Dementsprechend wünsche man sich auch von der Bundesregierung Rahmenbedingungen „um die Investitionen, die wir tätigen, auch wieder verdienen zu können“.

Damit spielte Stenico auf die – etwa im Vergleich zu Deutschland – niedrigeren Medikamentenpreise in Deutschland an. Vorsichtige Kritik äußerte auch Wirtschaftsminister Martin Kocher, der zur Eröffnung angereist war. Die Genehmigung der staatlichen Subvention vonseiten der Europäischen Kommission habe mit rund zwei Jahren zu lange gedauert. „Diese Prozesse müssen schneller vonstattengehen, ansonsten sind wir nicht wettbewerbsfähig.“

„Der Markt ist sehr nervös“

Der Ausbau des Standorts stand aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingung kurz nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie auf der Kippe. Die damalige Sandoz-Mutter Novartis hatte wegen des hohen Preisdrucks in Erwägung gezogen, die Penicillinproduktion in Kundl einzustellen und den Wirkstoff künftig aus Asien zu beziehen. Dieses Szenario ist durch die getätigten Investitionen vom Tisch, dennoch könne es auch in diesem Winter zu Versorgungsengpässen in Bezug auf Antibiotika kommen, gab Wörner zu bedenken. Es wird, ähnlich dem letzten Jahr, eine starke Infektionssaison erwartet und „der Markt ist sehr nervös, es sollte aber besser werden als im Vorjahr“.

Eine maßgebliche Entlastung werde auch das geplante Wirkstofflager nicht bringen, ist Stenico überzeugt: „Ohne den Einsatz der Apothekerinnen und Apotheker schmälern zu wollen, das kann nur punktuell helfen, zudem ist die Medikamentenherstellung eine Qualitäts- wie auch ein eine Quantitätsfrage.“