In der „Pipeline“ steckt das Thema bei der OMV schon seit vielen Jahren: Geothermie in großem Stil zu nutzen und daraus ein zukunftsträchtiges, nicht fossiles Geschäftsmodell zu machen. Mit der Wien Energie wird die Nutzung von Wärme aus Tausenden Metern Tiefe jetzt in Metropolenmaßstab umgesetzt. Sieben Anlagen sind in der Bundeshauptstadt geplant. Interesse gibt es auch in Graz und Klagenfurt. Neue Technik ermöglicht inzwischen sogar Tiefengeothermie ohne heißes Wasser.

Für die Wiener Kunden soll die Fernwärme aus der Erde leistbar und preisstabil sein, verspricht Wien-Energie-Chef Michael Strebl den 200.000 Haushalten, die über Geothermie versorgt werden sollen. Begonnen wird in Wien-Aspern östlich der Donau, 2027 soll hier die erste Fernwärme über einen großen Wärmetauscher ins Netz gespeist werden. Die sichtbaren Anlagenteile werden so groß wie ein Supermarkt sein, heißt es seitens der OMV.

Für die gemeinsamen Investitionen gründeten OMV und Wien Energie das Unternehmen „deeep“. „Eine solche Kooperation ist in Europa einzigartig“, so Strebl. Vorerst fließen 20 Millionen Euro in das Startprojekt am Rand der Seestadt. Diese erste Anlage kostet voraussichtlich 80 Millionen Euro, die Folgeprojekte sollen auf Basis der gewonnenen Erfahrungen deutlich billiger sein.

Optionen auch für Graz und Klagenfurt

Die Voraussetzungen für Tiefengeothermie sind in und um Wien gut, aber nicht nur dort: Wasser aus 3000 Metern Tiefe ist rund 100 Grad heiß. Wird es im Kreislauf geführt, ist die Energiequelle praktisch unerschöpflich. Während in Wien vorerst noch die Menge des Wassers ein wichtiger Faktor für die ausreichende Wärmenutzung ist, hat sich die OMV technologisch bereits verbreitert. Sie kaufte sich im Sommer bei der kanadischen Firma Eavor Technologies ein, deren geschlossenes Kreislaufsystem mit einer Flüssigkeit unabhängig von Wasservorkommen funktioniert. „Man kann dann Geothermie an jeder Stelle zugänglich machen“, sagt OMV-Chef Alfred Stern. Das System sei skalierbar, also beliebig zu vervielfachen. Die OMV fungiert jetzt für die Kanadier als Partner, um diese klimaneutrale Technologie in Österreich, Deutschland und Rumänien zu etablieren.

Alfred Stern, OMV-Vorstandschef
Alfred Stern, OMV-Vorstandschef © Christoph Kleinsasser

Geothermie-Nutzung „wäre selbstverständlich auch in Graz möglich“, so Stern. Das Thema steht in der Steiermark inzwischen auf der politischen Agenda. Umweltlandesrätin Ursula Lackner bestätigte der Kleinen Zeitung unlängst, dass man diesen Weg auch gehen wolle. Konkretere Pläne gibt es aber noch nicht. Die OMV würde sich wohl auch hier als industrieller Partner anbieten. „Das muss man mit einem starken Partner machen“, betont der designierte Stadtwerke-Chef und Aufsichtsrat der Wien Energie, Peter Weinelt. Dabei geht es insbesondere um die Bohrung von bis zu 5000 Metern Tiefe. Stern: „Für uns macht es grundsätzlich keinen Unterschied, nach was wir bohren.“ Damit sich die hohen Kosten dafür rentieren, müssen allerdings genug Kunden ans Fernwärmenetz angeschlossen sein. In Graz ist das zweifellos der Fall. Auch Klagenfurt hat mit 30.700 Haushalten grundsätzlich ausreichend Potenzial. Die Stadtwerke Klagenfurt verweisen auf noch laufende Evaluierungen, weil Probebohrungen ergeben haben, dass die Ausgangslage weniger günstig als in Graz ist.

„Da bleibt die gesamte Wertschöpfung in Österreich“

Stern ist überzeugt, dass sich die Investitionen finanziell lohnen. „Da bleibt die gesamte Wertschöpfung in Österreich. Heute schicken wir für Energie viel Geld ins Ausland“, sagt er. Geothermie ermögliche eine Regionalisierung der Energieversorgung. Technisch ist es nämlich auch möglich, die Wärmeenergie in Strom zu wandeln.

Die Leistung der ersten Anlage liegt bei jeweils 20 Megawatt, alle sieben sollen 200 Megawatt produzieren. Wien will bis 2040 die Wärme- und Klimawende bewerkstelligt haben, was zu einem Viertel bis zu einem Drittel über die Geothermie gelingen soll. Die für die Stabilität des Stromnetzes wichtigen Gaskraftwerke der Wien Energie sollen dann ersetzt werden durch ein neues Kraftwerk, das auf Basis von grünem Wasserstoff ein weiteres Viertel der erneuerbaren Energie liefert. Die weiteren Viertel sollen aus den Müllverbrennungen und Industrieabwärme kommen. Noch wird die Fernwärme für 440.000 Kunden zu 60 Prozent durch Wärmekopplung aus den Gaskraftwerken generiert, 40 Prozent aus der Müllverbrennung und industrieller Abwärmenutzung etwa aus der Manner-Waffelfabrik.