Der kurze Metaller-Warnstreik kam wohl pünktlich zur Halbjahres-Bilanz der Voestalpine. Deren mediale Präsenz bietet schließlich eine besonders prominente Bühne für den Kampf um höhere Löhne. Dass der Linzer Frühverkehr am Mittwoch stand, sorgte zumindest dort für noch mehr Aufmerksamkeit.

Hochglanz-Zahlen hat derzeit aber auch Österreichs größter Stahlkonzern nicht zu bieten. Die kalte Konjunkturdusche fällt deutlich kräftiger aus als erwartet. Der Gewinn nach Steuern ist auf 333 Millionen Euro eingeknickt, nach 715 Millionen vor einem Jahr. Sollte die Voestalpine in Österreich rund zehn Prozent höhere Löhne zahlen müssen, wäre das alles andere als ein Pappenstiel: Das kostet rund 200 Millionen Euro, sagt Konzernchef Herbert Eibensteiner. Noch einmal um einen „mittleren zweistelligen Millionenbetrag“ pro Jahr könnte es für die Voestalpine gehen, wenn die Stromkosten-Kompensation der Regierung nicht über heuer hinaus verlängert wird. Eibensteiner: „Unsere Forderung ist, dass das auch für die nächsten Jahre zur Verfügung steht.“ Andere EU-Länder hätten den Kostenausgleich bis 2030.

Eine Meinung zu den eskalierten Kollektiv-Vertragsverhandlungen verbietet sich Eibensteiner. Zumindest in der Öffentlichkeit. Die 200 Millionen Euro höheren Lohnkosten nennt er nur auf Nachfrage. Der Konzernchef ist in der Video-Konferenz um Beruhigung bemüht. Der Betrieb laufe nach dem kurzen Warnstreik wieder normal.

„Gewissermaßen eine Normalisierung“

Insgesamt ist der Vorstand darum bemüht, ein Bild von Normalität zu zeichnen. Mit den Rekordvergleichszahlen aus 2022 war die Latte von vornherein unerreichbar hoch gelegen. „Wir sehen gewissermaßen eine Normalisierung“, so der scheidende Finanzchef Robert Ottel. 8,5 Milliarden Euro Umsatz machte die Voestalpine im ersten Halbjahr, 8,4 Prozent weniger als im gleichen Zweitraum 2022. Gut läuft es für den Konzern immer noch in den Sparten Bahn-Infrastruktur, Luftfahrt, Energie. Im Automobilbereich sei das Geschäft dank der Entspannung in den Lieferketten sogar besser. Die Krise am Bau, die schlechte Lage vor allem im deutschen Maschinenbau und die schwache Nachfrage nach Konsumgütern wogen allerdings schwerer. Zwei Drittel des Umsatzrückgangs gehen Ottel zufolge auf geringere Verkaufsmengen und zu einem Drittel auf niedrigere Preise zurück.

Für den langjährigen Finanzchef der Voestalpine war es der letzte Auftritt in dieser Funktion. Offiziell nimmt Ottel Ende März den Hut. Künftig will der 56-Jährige in einem Unternehmen die erste Geige spielen, einen Vertrag hat er aber offenbar noch nicht in der Tasche. Für ihn sei entscheidend, wie die Werte und Kultur in einem Unternehmen seien, so Ottel sinngemäß.

Den Voestalpine-Konzern sieht Ottel für künftiges Wachstum bestens aufgestellt. Welchen Anteil er daran hat, benannte er knapp in wenigen Sätzen: Die Verschuldungsquote sei in den 20 Jahren seiner Vorstandstätigkeit auf ein Drittel gesenkt worden. Wenn die Voestalpine heute 7,8 Milliarden Euro Eigenkapital habe, sei das ziemlich genau viermal so viel wie bei bei seinem Start.