Vier Verhandlungsrunden für den Kollektivvertrag der Metalltechnischen Industrie hat es bereits gegeben, bisher sind sich die Sozialpartner aber kaum näher gekommen. Nach den Warnstreiks zwischen Montag und Mittwoch soll nun am heutigen Donnerstag eine Einigung erzielt werden – oder die Streiks werden ausgeweitet.
In der Steiermark beteiligten sich innerhalb der drei Tage die Beschäftigten von gut 100 Betrieben der Metallindustrie an den Warnstreiks, wie Hubert Holzapfel, steirischer Landesgeschäftsführer der Produktionsgewerkschaft (Pro-Ge), betont. Das Stimmungsbild beschreibt er so: „Die Motivation der Belegschaften ist spürbar. Wenn alle Stricke reißen und es zu keinem KV-Abschluss kommt, ist man zu Kampfmaßnahmen bereit. Von den Beschäftigten geht das Signal aus: Wir fürchten uns nicht.“ Sollte es auch bei der KV-Runde am Donnerstag zu keiner Einigung kommen, sollen ab nächsten Dienstag mit „weitere Maßnahmen“ folgen, wobei Holzapfel noch keine Details nennen will.
Der Landesgeschäftsführer der Kärntner Produktionsgewerkschaft, Gernot Kleißner, war am Mittwoch beispielsweise in der Wolfsberger Tubenfabrik Tubex bei der dortigen Betriebsversammlung anwesend. Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung bestätigt er: „Seit Montag hat es in Kärnten in insgesamt 23 Betrieben Versammlungen gegeben. Dabei haben wir rund 6000 Leute erreicht.“ Es seien 32 Betriebsversammlungen gewesen, da es verschiedene Schichten gibt. „Die Stimmung in den Betrieben ist sehr aufgebracht. Die Beschlüsse wurden alle einstimmig gefasst. Die Belegschaft ist enttäuscht, auch, weil in anderen Branchen sehr wohl Abschlüsse erreicht werden konnten“, so Kleißner. Die PRO-GE setze nun alles daran, dass es am Donnerstag doch noch einen Abschluss gibt. Und sonst? „Sonst müssen wir einen Gang höher schalten“, sagt der Landesgeschäftsführer. In den Belegschaften sei die Bereitschaft jedenfalls sehr groß, auch weitere Maßnahmen mitzutragen.
Noch einmal zur Ausgangslage: Die Arbeitnehmervertreter fordern bei den Metallern ein Lohn- und Gehaltsplus von 11,6 Prozent. Die Arbeitgeber bieten in zwei Varianten, davon eine als zweijähriges Modell, jeweils rund fünf Prozent „nachhaltige Lohnerhöhung“. Mit zusätzlichen Einmalzahlungen für die Beschäftigten ergebe sich eine Lohnerhöhung zwischen 8 Prozent und 10 Prozent, wird vorgerechnet. Die Gewerkschaft kritisierte diese Rechnungen wiederholt als „Voodoo-Mathematik“.
„Gewerkschaft muss sich jetzt auch einmal bewegen“
Christian Knill, Obmann des Fachverbands der Metalltechnischen Industrie, geht nach eigenen Angaben trotz aller Begleiterscheinungen „in jede Verhandlungsrunde mit einer positiven Einstellung“ hinein – auch in die heutige. Für ihn ist aber klar, „dass sich die Gewerkschaft jetzt auch einmal bewegen muss“. Die Warnstreiks habe man zur Kenntnis genommen, „sie ändern aber nichts daran, dass man auch die Realität der Rezession anerkennen muss“. Seiner Beobachtung nach, sei es in einigen Betrieben, insbesondere jenen, denen es wirtschaftlich nicht gut gehe, zudem nicht zu Warnstreiks gekommen, „sondern teilweise nur zu kurzen Betriebsversammlungen“. Es brauche jedenfalls einen Abschluss, „der für alle Unternehmen tragbar ist“.
KV-Runden als Politikum
Wie sich das zuletzt äußerst angespannte Verhandlungsklima, das sich auch in einer harten und von Unnachgiebigkeit geprägten Wortwahl widerspiegelt, wieder in konstruktive Bahnen lenken lässt, ist dennoch offen. Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter gingen gestern in Gesprächen mit der Kleinen Zeitung jeweils von einer voraussichtlich langen Verhandlungsrunde, die bereits fünfte, am Donnerstag aus. Ist eine Lösung realistisch? Der Ökonom Michael Steiner ist eher skeptisch und sieht auch eine politische Komponente, die zumindest kurzfristig hinderlich sein könnte. Womöglich, so Steiner, spiele hier auch der SPÖ-Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Graz eine Rolle - und die KV-Verhandlungen zumindest teilweise zum Politikum mache. Er hoffe aber, dass es dann zumindest im Anschluss, also in den Tagen darauf, konstruktiv weitergehe und mehr Augenmerk auf die Gewichtungen der einzelnen Angebote gelegt werde. „Es muss ja eine Lösung geben, auch wenn die Zeiten nicht einfach sind.“
Zweite KV-Runde im Handel
Auch die Verhandlungen um einen neuen Kollektivvertrag für die mehr als 400.000 Handelsangestellten werden heute fortgesetzt. Die erste Runde endete schnell - und alles andere als harmonisch. Daher kam es - unüblich früh - bereits zu ersten Betriebsversammlungen. Die Gewerkschaft fordert ein Gehaltsplus von 11 Prozent und mehr Urlaub sowie eine Diskussion über eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung. Die Arbeitgeber haben noch kein Angebot vorgelegt, lehnen die Forderungen aber als „realitätsfern“ ab. Sie verweisen auf rückläufige Verkaufszahlen im Handel, ein konkretes Angebot haben sie aber noch nicht vorgelegt.
Knapp zwei Drittel der 430.000 Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Knapp 60 Prozent der Frauen im Handel arbeiten Teilzeit, bei Männern liegt die Teilzeitquote bei nur rund 13 Prozent.