Das Tauziehen um die Zukunft der schlingernden Signa-Gruppe rund um Firmengründer René Benko geht weiter. Der von Signa-Holding-Mitgesellschafter Hans-Peter Haselsteiner am vergangenen Freitag angekündigte Rückzug von Benko ist weiterhin offen. „Keiner kann sich erklären, auf welcher Grundlage Haselsteiner zu dieser Einschätzung gekommen ist“, sagte ein Insider dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). Es gebe keine Zustimmung, nichts liege schriftlich vor.
Einige Signa-Mitgesellschafter hatten vergangene Woche in einem persönlichen Schreiben den Rückzug von Benko als Signa-Lenker, die treuhändische Übergabe seiner Stimmrechte und die Einsetzung des deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz als Generalbevollmächtigten gefordert. „Dieser Wunsch wurde von René Benko einmal grundsätzlich positiv beantwortet und seine Bereitschaft ist evident“, sagte Haselsteiner dem Ö1-„Mittagsjournal“ am vergangenen Freitag. „Es ist klar, er ist bereit, das zu unterschreiben. Er möchte nur von seiner Seite her wissen, ob die Gesellschafter mit einer solchen weitgehenden Lösung auch bereit wären, einen Beitrag zu leisten zur Sanierung der Gruppe.“
Bis Jahresende 400 Millionen Euro Kapitalbedarf
Die finanzielle Lage der Signa-Gruppe ist von außen schwer einschätzbar, weil kein Konzernabschluss für die gesamte Firmengruppe öffentlich einsehbar ist. Die Signa-Prime-Gruppe schrieb laut im Firmenbuch hinterlegten Jahresabschluss 2022 einen Jahresverlust von einer Milliarde Euro, nach einem Gewinn von 732 Millionen Euro im Jahr davor. Die langfristigen Verbindlichkeiten belaufen sich Ende 2022 auf 8,9 Milliarden Euro und die kurzfristigen auf 2,7 Milliarden Euro. Die Signa Retail Selection AG (KaDeWe, Galeria) mit Sitz in Zürich soll laut dem Nachrichtenmagazin „News“ zum Jahresabschluss (Ende September 2022) einen Jahresverlust von 1,4 Milliarden Euro gemeldet haben, nach einem Minus von 1,2 Milliarden Euro im Jahr davor. Signa Sports United meldete kürzlich Insolvenz an und für die Signa RFR US Selection AG (u. a. Chrysler Building) liegen keine aktuellen Geschäftszahlen vor.
„Wie schlimm es ist, weiß man noch nicht“, sagte Haselsteiner der „Tiroler Tageszeitung“ (Samstag). Ohne neues Geld aller Mitinvestoren werde es nichts. Laut Medienberichten soll der Kapitalbedarf bis Jahresende bis zu 400 Millionen Euro betragen. Die deutschen Signa-Investoren Roland Berger und Torsten Toeller haben offenbar eine Verkaufsoption für ihre Anteile und wollen sich nun auszahlen lassen.
Der Signa-Beirat
Benko hat in seiner von ihm konzipierten Signa-Gruppe seit 2013 keine operative Funktion mehr, verfügt aber mit seinen Familienstiftungen über die Mehrheit der Stimmrechte und gilt als Signa-Lenker. Die Signa Holding GmbH hat einen hochkarätig besetzten Beirat, Benko fungiert als Beiratsvorsitzender. Im Beirat sitzt Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der ehemalige Bank-Austria-Chef Karl Samstag, der deutsche Berater Roland Berger, der ehemalige Morgan-Stanley-Banker Walid Chammah, die Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-Vize-Kanzlerin Susanne Riess-Hahn, ÖOC-Präsident Karl Stoss, Ex-RBI-Chef Karl Sevelda und der Lindt-&-Sprüngli-Präsident Ernst Tanner. Gusenbauer ist auch Aufsichtsratschef und damit Chefkontrolleur des Immobilienflaggschiffs Signa Prime. Stoss ist sein Stellvertreter. Weitere Mitglieder des Aufsichtsrats sind unter anderem Samstag und Sevelda. Die Geschicke der Signa-Holding als Co-Geschäftsführer lenkt der ehemalige Kabinettschef von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) und der Ex-Chef der staatlichen Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), Christoph Stadlhuber.
Investoren-Call am Donnerstag
Der laut Medien kolportierte Liquiditätsengpass bei der Entwicklungsprojekte-Tochter Signa Development und der Kursabsturz der Signa Development Finance Anleihe mit einem Volumen von 300 Millionen Euro sorgt für Aufsehen bei den Anleiheinvestoren. Viele auf Hochzinsanleihen spezialisierte Publikumsfonds haben laut „Handelsblatt“ in die Signa-Anleihe investiert, unter anderem die DWS und die Vermögensverwalter Schroders und Invesco. Investoren hätten laut der Zeitung nun einen Verdacht, dass Geld, das eigentlich zur Tilgung der Anleihe zur Verfügung stehen sollte, zur Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen genutzt worden sei. Für den kommenden Donnerstag hat die Signa Development nach „Handelsblatt“-Informationen einen Investoren-Call angesetzt, bei dem der Mittelabfluss näher erläutert werden soll. Signa war für eine Stellungnahme gegenüber der Zeitung zu diesen Vorwürfen am Sonntag nicht erreichbar. Die Signa reagiert seit Längerem nicht auf schriftliche APA-Anfragen.