Rund 200 Fahrerinnen und Fahrer des Essenszustellers Foodora haben am Mittwoch für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Konkret beklagen sie unter anderem, dass das Unternehmen zu viele freie Dienstnehmer beschäftigt und diese dann zu wenige Aufträge erhalten, um genug Geld zu verdienen. „Kaum wer kommt auf die Stunden, die er gerne hätte“, sagte Toni Pravdic, der Zentralbetriebsratsvorsitzender beim Foodora-Konkurrenten Lieferando ist, im Gespräch mit der APA.
Die „Riders on Strike“ fuhren mit ihren Fahrrädern und E-Bikes vom Westbahnhof über die Mariahilfer Straße in Richtung Innenstadt, um vor dem „Foodora Rider Recruitment Center“ und der Firmenzentrale ihren Unmut zu äußern. Auf den Schildern stand etwa „Gebt uns die Arbeit, die ihr uns versprochen habt“ oder „3000 Rider sind genug für die wenigen Schichten“.
Foodora (früher Mjam) betonte, dass die Fahrerinnen und Fahrer zuletzt im Schnitt um 20 Prozent mehr Stunden gefahren seien als noch zu Jahresbeginn. „Zusätzlich haben wir die durchschnittliche Bezahlung seit Jänner 2023 um zehn Prozent angehoben“, erklärte das Unternehmen in einer der APA übermittelten Stellungnahme.
Unterstützt wird die Demo von der Gewerkschaft vida. Sie fordert, dass für alle Zusteller der Schutz des Kollektivvertrags gelten müsse. Nur so hätten sie Anspruch auf Kilometergeld, Zulagen, Urlaub sowie Sozialversicherung und Krankengeld. Die Gewerkschaft will den KV auf freie Dienstnehmer ausdehnen, indem sie in das Arbeitsverfassungsgesetz aufgenommen werden.
Laut Foodora haben sich die Fahrer selbst für das freie Dienstnehmermodell entschieden. Man biete aber auch echte Dienstverhältnisse an. Für verlässliche Rider sei der Wechsel jederzeit rasch und unkompliziert möglich. Foodora betonte, dass auch die freien Dienstnehmer kranken-, unfall-, pensions- und arbeitslosenversichert seien und man weder mit Freelancern noch mit (Schein-)Selbstständigen arbeite.
Über ein Slot-Buchungssystem teilen sich die freien Dienstnehmer bei Foodora ihre Arbeitsstunden für die Woche selber ein. Rund ein Drittel der Slots würde im Wochenverlauf von den Ridern selbst wieder freigegeben, es gebe also laufend neue Slots, die gebucht werden können, so das Unternehmen.
Seit 2020 ein eigener Kollektivvertrag
Für Fahrradboten und Essenszusteller gibt es seit 2020 einen eigenen Kollektivvertrag. Es war der weltweit erste für Fahrradzusteller. Allerdings gilt dieser nur für rund 2000 der insgesamt ungefähr 4000 bis 5000 Mitarbeiter der Branche. Der Rest sind freie Dienstnehmer oder Ein-Personen-Unternehmen (EPU), also selbstständig. Wirklich frei sind sie jedoch nicht, weil sie sich an die in der Zustell-App definierten Regeln des Lieferdienstes halten müssen.
Foodora und Lieferando sind die beiden größten Zustelldienste in Österreich, sie sind in mehreren Städten aktiv. In Wien gibt es mit Wolt noch einen dritten Anbieter. Bei Lieferando gibt es rund 1000 Boten, die alle nach dem Kollektivvertrag angestellt sind. Bei Foodora sind ungefähr 150 Fahrer nach dem KV angestellt, die große Mehrheit der insgesamt rund 3000 Rider erhält ihre Aufträge als freie Dienstnehmer. Bei Wolt gibt es nur freie Dienstnehmer und Selbstständige.
Das Brutto-Monatsgehalt liegt laut KV bei 1730 Euro brutto. Für die Arbeit am Sonntag gibt es eine Zulage von fünf Euro pro Stunde. Das Kilometergeld, wie jene, die mit dem eigenen Fahrrad unterwegs sind, beträgt 24 Cent pro Kilometer. Viele Zusteller sind laut Betriebsrat Pravdic im Monat 1000 Kilometer oder mehr unterwegs.
Auf die Frage, wie Kundinnen und Kunden zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen können, sagte Pravdic, es sei nicht deren Aufgabe, sondern dies sei die Verantwortung der Arbeitgeber. Wichtig sei, dass sich alle Anbieter an die Spielregeln halten, weil es sonst zu einer Schieflage und zu Wettbewerbsnachteilen für jene Unternehmen komme, die ihre Mitarbeiter besser bezahlten.
Worauf Kunden bei Essensbestellungen achten könnten, wäre, dass die Distanz zwischen Restaurant und Zustelladresse nicht zu groß sei, meinte Pravdic. Zwiespältig sieht er das Thema Trinkgeld. Es solle jedenfalls nicht so sein, dass Kunden damit das Geschäftsmodell des Anbieters subventionieren.