Menschen über 50 Jahre und Langzeitarbeitslose werden seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als jüngere Bewerber und welche, die erst kurz arbeitslos sind. Das ergab eine Studie des Instituts Sora im Auftrag des Arbeitsmarktservices. Eine AMS-Werbekampagne appelliert nun an Firmen, sich für Ältere und Personen, die schon länger auf Jobsuche sind, zu öffnen. Die Botschaft: „Aufmachen statt Zumachen“.
Zwei fiktive Bewerber auf Jobsuche
In der Studie kam es bei zwölf Prozent der Bewerbungen zu einer Ungleichbehandlung aufgrund des Alters. Bei sieben Prozent der Bewerbungen fand eine Diskriminierung aufgrund von Langzeitarbeitslosigkeit statt. Sora hatte für das Experiment 800 Bewerbungen auf 400 offene Stellen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland verschickt. Die Idee dahinter: Zwei fiktive Bewerberinnen oder Bewerber, die in allen Merkmalen ident sind, mit der Ausnahme des Testmerkmals, also dem Alter oder der Dauer der Arbeitslosigkeit, bewerben sich auf dieselbe Stellenausschreibung. Durchgeführt wurde die Studie im Juli und August 2023 in zwei Branchen, die stark von Rekrutierungsschwierigkeiten betroffen sind: bei Lebensmittelhändlern und Elektroinstallateuren.
„Um den Personalmangel zu lindern, ist man gut beraten, auch die eigenen Rekrutierungsprozesse zu reflektieren“, sagt AMS-Vorstand Johannes Kopf. Viele Betriebe seien bereits vorbildlich und haben ein Auge darauf, keine Ungleichbehandlung aufkommen zu lassen, allerdings: „Möglicherweise passieren manche Ungleichbehandlungen ja unbewusst“, rät der Arbeitsmarktexperte den Personalabteilungen, die eigene Vorgehensweise bei Bewerbungsprozessen zu reflektieren. In der ZiB 2 betonte er: „Betriebe verzichten in Zeiten von Arbeitskräftemangel auf wertvolle Ressourcen.“ Es gehe darum, Unternehmen in diesem Zusammenhang „zu sensibilisieren“. Daher werde nun eine breite Kampagne gestartet.
Österreich leidet derzeit unter einem Arbeitskräftemangel. Das liegt vor allem auch daran, dass die geburtenstarken Jahrgänge der zwischen 1955 und 1970 geborenen Menschen in Pension gehen und weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten, die über 50 Jahre alt sind, hat sich seit 1990 verdreifacht. Waren es 1990 rund 375.000, so sind es heute über 1,14 Millionen. Analysen der Arbeitslosenstatistiken zeigen, dass die Arbeitslosigkeit umso länger dauert, je älter man wird.