„Erfolgreiches Sparen und Veranlagen war für private Haushalte selten so herausfordernd wie im aktuellen, von finanziellen Belastungen und geopolitischen Unsicherheiten geprägten Wirtschaftsumfeld“, betonte Vize-Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB) Gottfried Haber bei einer Pressekonferenz am Freitag. Erheblich geschmälert würden die Möglichkeiten für finanzielle Veranlagungen durch negative reale Renditen, hohe Energie- und Lebensmittelpreise sowie das noch aus der Pandemie nachwirkende Konsumbedürfnis. Die pandemiebedingt zuletzt sehr hohe Sparquote hat sich im Jahr 2022 mit 9,2 Prozent dem Vor-Krisen-Niveau wieder angenähert.
„Hohe Inflation und eingeschränktes Renditepotenzial von Sparprodukten sorgten jüngst für einen realen Vermögensverlust privater Haushalte“, erklärte OeNB-Chefstatistiker Johannes Turner. Nachdem das nominelle Finanzvermögen im Jahr 2022 auf 822 Milliarden Euro gesunken war (2021: 844 Mrd. EUR), stieg es im ersten Halbjahr 2023 um 16 Milliarden Euro wieder etwas an. Unter Berücksichtigung der Inflation ergab sich 2022 jedoch ein Minus von zehn Prozent. Im ersten Halbjahr 2023 erreichte der reale Wertverlust sieben Prozent.
In Summe weniger Investitionen, aber mehr Wertpapiere
Mit 17,5 Milliarden Euro veranlagten österreichische Haushalte deutlich weniger in Finanzinvestitionen als noch 2021 (22,3 Mrd. Euro) oder 2020 (27,4 Mrd. EUR). Der seit rund zwei Jahren bemerkbare Trend zu verstärkten Wertpapierkäufen setzt sich mit einem Plus von 12 Prozentpunkten gegenüber 2021 fort. Gefragt waren vor allem verzinsliche Wertpapiere, die in den vergangenen vier Quartalen um insgesamt 6,25 Milliarden gekauft wurden, wobei inländische Titel – und hier vor allen Bankenanleihen – dominierten. Ende Juni 2023 besaßen private Haushalte Wertpapiere im Ausmaß von 157 Milliarden. Damit erreichte der Anteil am Gesamtvermögen bereits 19 Prozent.
Einlagenzuwachs halbiert
Im Gegensatz dazu hat sich der Einlagenaufbau im Vorjahr mit 5,7 Milliarden Euro etwa halbiert. „Private Haushalte reagierten auf die Zinswende mit einer deutlichen Umschichtung von täglich fälligen Einlagen in Richtung gebundener Veranlagungsformen“, erläuterte Vize-Gouverneur Haber. Letztere wurden im ersten Halbjahr 2023 im Ausmaß von 10,4 Milliarden Euro aufgebaut, während täglich fällige Einlagen um 9,7 Milliarden Euro reduziert wurden. Im Bestand machen Einlagen mit 37 Prozent (2. Quartal 2023: 309 Mrd. Euro) zwar nach wie vor den größten Anteil aus, verloren aber in der Geldvermögensbildung in den letzten Jahren an Bedeutung.
Leicht rückläufig zeigen sich derzeit die Verpflichtungen der österreichischen Haushalte, die sich im Juni 2023 auf rund 220 Milliarden Euro beliefen und damit 2 Milliarden Euro weniger als Ende 2022. Unattraktivere Finanzierungskonditionen ließen vor allem das Interesse an Immobilienkrediten zuletzt spürbar nachlassen.