Interessant, dass Finanzanalysten sich gerne einer bodenständigen Sprache bedienen. Der neue Leiter von Raiffeisen Reserach, den Landesbank-Vorstand Manfred Wilhelmer am Mittwoch zum Vortrag anlässlich eines Businessfrühstücks mit Firmenkunden geladen hatte, macht Gebrauch von Vokalen der Alpinisten: „Der Abstieg vom Zinsgipfel und der Abstieg vom Inflationsgipfel werden steinig“, verriet der 45-jährige Volkswirt Gunter Deuber, der auf eine schon lange Karriere bei Raiffeisen International und der Deutschen Bank zurückblicken kann.
Keine Aussicht auf Zinssenkungen
Die globale Zinswende sei eine Bremse für die Weltwirtschaft, man könne von einer globalen Industrierezession sprechen, so der gebürtige Karlsruher. Zudem sei das Konsumvertrauen „abgeschmiert“, der Konsum entwickle sich schwach. Das, obwohl die Ausgaben nominal nach oben gehen, aber eben nicht real, also mit eingerechneter Teuerung. Real sei auch die Wertschöpfung im Tourismus noch nicht auf Vor-Corona-Niveau angekommen. „Die Stagflations-Rezession geht in die Verlängerung, sie frisst sich langsam durch die Wirtschaft“, so Deuber. Heißt: Die Wirtschaft stagniert bzw. fällt (weiter), gleichzeitig steigen die Preise (weiter). „Die Kerninflation wird auch im nächsten Jahr noch bei rund fünf Prozent liegen.“ Kerninflation meint die Preissteigerung bei Gütern und Dienstleistungen. Somit werde die Europäische Zentralbank ihr Inflationsziel von zwei Prozent auch bis 2025 keinesfalls erreichen. Zinssenkungen: frühestens im zweiten Halbjahr 2024. Im nächsten Jahr rechnet der Ökonom mit einem BIP-Wachstum von 0,6 Prozent für Österreich.
Immobilienpreise sinken
Auch was die Baukonjunktur betrifft, wird Deuber konkret. Die Bauinvestitionen in Österreich werden laut seinen Berechnungen um 18 Prozent zurückgehen. Im privaten Bereich geht die Nachfrage nach Immobilienkrediten zurück. Bis 2025 dürften die Preise am Immobilienmarkt laut Raiffeisen Research um zehn Prozent sinken. Die Leistbarkeit von Wohnraum in Kärnten sei aktuell einen Standortvorteil. Gut entwickelt sich laut Deuber der Österreichische Außenhandel. „Wir verzeichnen heuer ein gutes Exportwachstum im Gegensatz zu den Importen - das stärkt die Wirtschaft.“
Österreichische Staatsanleihen werfen laut Deuber aktuell wieder Renditen im Bereich von drei bis 3,5 Prozent ab. Anleihen von privaten Schuldnern weisen noch höhere Verzinsungen auf. Deubers Tipp: „Mittelfristig können festverzinsliche Veranlagungen eine reale Rendite bieten, also eine Verzinsung über der Inflation.“