1. Wer strengte das Gerichtsverfahren an, das am Dienstag beginnt?
Das US-Justizministerium sowie Dutzende US-Bundesstaaten warfen Google 2020 – in separaten Beschwerden – vor, seine Marktmachtmacht in der Online-Suche missbraucht zu haben. Die unterschiedlichen Vorwürfe wurden zu einem, inhaltlich kolossalen, Fall zusammengefasst. Der ab Dienstag in Washington verhandelt wird.

2. Was wird Google vorgeworfen?
Google habe Smartphone-Herstellern und Browser-Entwicklern viel Geld bezahlt, um zu bewirken, dass die Google-Suche als Standard festgelegt werde. Zugleich sei vereinbart worden, dass kein Geschäft mit etwaiger Google-Konkurrenz gemacht werden dürfe. Das habe Wettbewerb illegalerweise eingeschränkt.

3. Warum wird dem Verfahren so große Bedeutung zugeschrieben?
Das Verfahren könnte als Wegweiser fungieren. Und zeigen, ob US-Gerichte willens sind, die Praktiken großer Tech-Konzerne massiv einzuschränken. "Es ist das erste große Kartellverfahren der US-Regierung gegen einen Tech-Riesen seit dem Verfahren gegen Microsoft wegen der Bündelung von Webbrowsern mit Windows", erklärt Matthias Kettemann, Professor für Innovationsrecht an der Uni Innsbruck.

4. Aber ist ein Gerichtsverfahren ein sinnvoller Weg, um Googles Marktmacht zu brechen?
"Nein", sagt Kettemann. Einerseits würden Techkonzerne oftmals geschickt in juristischen Graubereichen agieren. Andererseits würden die Gerichtsverfahren sehr lange dauern, während sich die Konzerne rasant weiterentwickeln. Warum es die USA dennoch vor Gericht versuchen? Politisch blockieren sich die beiden großen Lager in dieser Frage. Deswegen kommt es zu keinen Gesetzen, wie sie gerade in Europa etabliert werden. Matthias Kettemann: "Die große Frage, wie die großen Techfirmen stärker kontrolliert werden können, wird – mit Ausnahme des Datenschutzrechts – eher über die Parlamente als über die Gerichtssäle zu lösen sein."

5. Welche Auswirkungen hat das Verfahren für Google in Europa?
"Rechtlich keine", sagt Kettemann. In Sachen Kartellrecht operieren die USA und die EU unterschiedlich. Faktisch könnte aber im Falle eines Spruchs gegen Google "eine stärkere Entbündelung erfolgen". Sprich: Es gäbe keine vorausgewählten Suchmaschinen mehr.

6. Ist das Suchgeschäft wichtig für Google?
Absolut. Mehr als die Hälfte der 283 Milliarden US-Dollar, die Google-Mutter Alphabet 2022 umsetzte, entfiel auf das Geschäft mit Suchmaschine.

7. Wie argumentiert Google?
Der Konzern erklärt beständig, dass es nicht illegal handelte. Die 80 Prozent US-Marktanteil kämen zustande, weil die Google-Suche aus Nutzersicht die beste sei.

Matthias Kettemann, ein gebürtiger Grazer, ist anerkannter Experte für die Themenbereiche Innovation, Theorie und Philosophie des Rechts. Professur an der Uni Innsbruck
Matthias Kettemann, ein gebürtiger Grazer, ist anerkannter Experte für die Themenbereiche Innovation, Theorie und Philosophie des Rechts. Professur an der Uni Innsbruck © Privat