Martin Sprenger ist Public-Health-Experte an der Med Uni Graz. Er war Mitglied der Expertenkommission der Bundesregierung, hat diese verlassen und war in den vergangenen Wochen immer wieder präsent mit Kommentaren zur Corona-Krise. Jetzt veröffentlicht er ein Buch: „Das Corona-Rätsel. Tagebuch einer Pandemie“.

Im Gespräch mit Peter Pelinka sagt Sprenger: „Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sind mehr gesunde Lebensjahre in Österreich verloren gegangen als durch die Pandemie selber. Man darf es nicht laut sagen, aber die Nebenwirkungen überwiegen deutlich. Arbeitslosigkeit etwa führt zur Verdoppelung des Sterberisikos.“ Man dürfe die Debatte nicht mit den Einzelwissenschaftlern, den Virologen etwa führen, sondern müsse die Entwicklung gesamtheitlich betrachten.

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Management versus Panikmache

Operationen wurden verschoben, Behandlungen von Kindern nicht durchgeführt, weil die Sorge um die Kapazitäten so eine große Rolle gespielt hat. Das Szenario der Überforderung ist nicht eingetreten, dennoch sagt Sprenger: „Der Lockdown war notwendig, das Timing perfekt.“ Aber danach hätte es ein „smartes Risikomanagement“ ohne Panikmache geben müssen.

Ist Panikmache nicht nötig, um Wirkung zu erzielen? Nicht bei einem temporären Ereignis wie einer Pandemie, sagt Sprenger, da dadurch nur die Ängste eskalierten. Bei der Klimakrise wäre Panikmache viel angebrachter. Kanzler Sebastian Kurz könne nach Ansicht Sprengers profitieren, wenn er offener mit Kritik umgehen würde. „Niemand geht fehlerlos durchs Leben. Lernen passiert aber durch die Analyse der Fehler, nicht durch Message Control.“