Sie kennt ihr funkelndes Geschäft zwar wie aus dem Eff-Eff, hat ihren Beruf aber dennoch zusätzlich noch zu ihrem Hobby gemacht. Die Köflacher Juwelierin und Goldschmiedin Barbara Gressl macht derzeit eine Ausbildung zur Juwelengutachterin. „Weil es in ganz Österreich nur ganz wenige gibt, habe ich mich dazu entschieden. Es handelt sich um einen berufsbegleitenden Diplomlehrgang, der rund fünf Jahre lang dauert“, berichtet die die 53-Jährige.
Im Labor gezüchtete Diamanten
Mittlerweile ist sie bei der Halbzeit angelangt und hat als Lohn für ihren Einsatz bereits das Diplom als Diamantgutachterin in der Tasche. Und wer die umtriebige Schmuckexpertin kennt, wundert sich nicht, dass sie diese Ausbildung mit „sehr gutem Erfolg“ abgeschlossen hat. „Diamanten werden inzwischen auch im Labor gezüchtet. Diese werden in der Produktion immer besser, aber es herrscht ein großer Unterschied beim Wert. Daher ist es umso wichtiger, Naturdiamanten zu erkennen“, verrät Gressl.
„Neben den zwei Geschäften in Graz und Köflach muss ich mich abends fortbilden. Die Module finden immer freitags und samstags in Wien oder Linz statt. So verbringe ich meine Freizeit mit diesem Hobby“, schmunzelt Gressl. Im Herbst befasst sich der Lehrgang mit dem Thema Farbsteine. „Es geht dabei nicht nur um Juwelenschmuck, sondern auch um sakrale Stücke wie Monstranzen oder Kandelaber sowie Modeschmuck. Auch die Tischkultur des Biedermeier mit Krügen, Teller oder Besteck aus Silber wird behandelt“, so Gressl. Früher gab es die Trennung in Gold- und Silberschmied. „Ich habe beispielsweise in meiner Ausbildung noch gelernt, wie man Löffel und Gabel herstellt. In Wien gibt es noch einen Silberschmied, der für das schwedische Königshaus handgefertigte Stücke herstellt. Seinerzeit war das alles ja dem Adel vorbehalten. “
Deshalb befasst sich Gressl in ihrer Diplomausbildung auch viel mit Geschichte. Das Wissen um antiken Schmuck ist genauso gefragt, wie die weltweiten Einflüsse aus der Architektur oder Mode auf die Herstellung der glitzernden Pretiosen. „Sogar die Frisuren hatten Auswirkungen. Spannend ist es auch, wie die einzelnen Fertigungstechniken entstanden sind. Es ist für mich fast wie ein Kunstgeschichtestudium. Jedes Schmuckstück schreibt eine Geschichte“, ist sie überzeugt.
Im Köflacher Geschäft, das vor rund einem Jahr umgebaut und wieder eröffnet wurde, hat sie in der Werkstätte sogar ein Edelsteinlabor integriert. „Im Lehrgang habe ich erkannt, wo die Einflüsse für meine Arbeit, meinen persönlichen Stil, den jeder Goldschmied hat, herkommen. Mein Stil ist eher puristisch, ich verwende gern Naturmaterialien, wie es auch im Jugendstil der Fall war.“ Der Lehrgang erweitere ihr Allgemeinwissen. „Wenn ich in einer neuen Stadt bin, schaue ich jedes Haus, jede Freske anders an. Der Blick auf die Architektur hat sich verändert.“
Vielleicht bald im TV
Wenn Gressl ihre Diplomausbildung abgeschlossen hat, darf sie Gutachten für Notare (Verlassenschaften), Banken, Versicherungen oder auch private Zwecke erstellen. „Mit dem Wissen über die Fertigungstechniken kann man auch erkennen, aus welcher Zeit der Schmuck stammt und mit dem Material- samt Zeitwert, den Wiederbeschaffungswert festlegen.“ Vielleicht wird man Barbara Gressl in Zukunft auch als Juwelengutachterin bei beliebten TV-Sendungen wie „Bares für Rares“ bei ihrem diplomierten „Hobby“ über die Schulter schauen können.
Andreas Kratzer