Von der nahen B 70 hört man keinen Laut mehr, wenn man in Söding zur Ölmühle "WeberMichl" der Familie Lackner einbiegt. Stattdessen kräht hier auch gegen Mittag noch der Hahn eines Nachbarn. Sobald Wilfried Lackner das Tor zur Mühle selbst öffnet, werden aber alle Geräusche der Außenwelt von stetem Surren übertönt. Zwei moderne Ölpressen verarbeiten Saatgut aller Art zu hochwertigem Naturöl. "Die Automatisierung ist für uns ein Segen", erklärt der Weststeirer, während er eine Schaufel Sesamkörner in die kleinere der Pressen schüttet.

"Überwachen müssen wir den Prozess sehr genau, aber immerhin kann man zwischendurch kurz weggehen, wenn zum Beispiel Kundschaft kommt." Das Ölpressen ist eine genaue Kunst – und keine zackige Angelegenheit. Ganz allmählich tropft das goldene Sesamöl in ein Sieb und dann weiter in die Kanne. "Und dann ist es noch nicht fertig", mahnt Lackner, der heuer gemeinsam mit Sohn und Juniorchef Clemens in Wieselburg zum Öl-Kaiser 2022 gekrönt wurde. "Die volle Ölkanne muss erst einmal stehen bleiben, damit sich das Öl setzen kann."

20fach ausgezeichneter Kernölbetrieb

Durch ein schmales Fenster sieht man aus der Ölmühle zum Hofladen, der – mit einem Seminar- und einem Verkostungsraum – in einem Nebengebäude untergebracht ist. Gerade parkt ein Stammkunde ein, ausnahmsweise holt er außerhalb der Öffnungszeiten Kernöl ab: "Einen ganzen und einen halben Liter Kernöl bitte." Clemens Lackner sperrt ihm das Tor zum Ölparadies auf. "Da haben Sie Glück, eine letzte Halbliterflasche haben wir noch da", lacht der Juniorchef. Um hinzuzufügen: "Besser, die Leute reißen sich darum, als es bleibt übrig."

Stolz führt der 20-Jährige durch den Schauraum: "Was hier steht, gibt es. Werden die Regale leer, pressen wir frisches Öl." Qualität über Quantität – wobei sich auch die Auswahl durchaus sehen lassen kann. Ebenso wie die Auszeichnungen: Zahlreiche Goldmedaillen blitzen von den Regalen. "Ich gewinne lieber jedes Jahr mit einem anderen Produkt als alle Jahre mit demselben Öl", zwinkert der Seniorchef. Allerdings darf auch dasselbe Öl mehrfach ausgezeichnet werden: Zwischen 2000 und 2022 wurde der "WeberMichl" 20-mal zum ausgezeichneten Kernölbetrieb gekürt. "Schon meine Eltern haben Kürbisse angebaut, so hat alles seinen Lauf genommen", erzählt Wilfried Lackner am Rückweg in die Ölmühle. "Weil Kernölherstellung ein ganz anderer Prozess ist, wird das allerdings nicht hier gepresst." Stattdessen riecht es in der Mühle heute nach Sesam und Raps.

Coronakrise und Ukraine-Krieg

Und wieder landet eine Schaufel Körner im Füllbehälter der Presse: "Der Sesam ist nicht heimisch, aber die Nachfrage ist groß. Die Leute verwenden das Öl zum Kochen und für Massagen." Die Krisen der letzten Jahre – von Corona bis zum Krieg in der Ukraine – verschonten auch die Södinger Ölmühle nicht. "Obwohl wir halbwegs gut davongekommen sind", so Wilfried Lackner. "In der Pandemiezeit ist das Weihnachtsgeschäft eingebrochen. Das war schlimm, weil sonst viele unserer Produkte verschenkt werden. Auch Ersatzteile für die Ölpressen waren schwer zu bekommen." Die Ukraine-Krise wirkte sich bisher vor allem auf das Kaufverhalten der Kunden aus. "Das Sonnenblumenöl ist besonders gefragt", ergänzt Clemens Lackner. "Ob Teuerung oder Knappheit von Heizgas für uns noch zum Problem werden, wird sich erst zeigen."

Jedenfalls richten Vater und Sohn den Blick in die Zukunft. "Heuer bauen wir 15 verschiedene Ackerkulturen an. Darunter vieles zum ersten Mal wie Kichererbsen oder Mohn." Die Äcker bestellen sie nach dem Prinzip der regenerativen Landwirtschaft: Der Boden und dessen Lebewesen stehen im Vordergrund. Und auch in ihre Ölkreationen bringen die beiden Weststeirer Leben – Kreativität wird großgeschrieben. "Inzwischen werden wir oft gefragt, 'was wir denn dieses Jahr wieder Lässiges anbauen'", schmunzelt Wilfried Lackner. "Dabei haben uns am Anfang durchaus ein paar Leute belächelt."