Es ist Drehtag Nummer 18. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind bereits in ihren Kostümen, der Bärnbacher Regisseur Wolfgang Scherz gibt seinem Team Anweisungen. "Die Plakate gehören runter." Eifrig wird der Aufforderung Folge geleistet. "Es sind alle so motiviert", sagt Scherz und meint damit auch Maria Baumegger. Seit zwanzig Jahren spielt die Birkfelderin schon beim Brandluckner Huabn-Theater. Heute steht sie vor der Kamera. "Als Schienenputzfrau", wie sie stolz erzählt. Ihr Kollege Johann Flicker spielt den Opa einer jungen Frau, die sich ein Bahn-Ticket kauft und danach auf Reisen fährt.

"Die Erfindung des Reisens – auf kaiserlichen Bahnen ins Blaue" – so lautet das Thema der zweiteiligen Dokumentation, die auf ORF III und 3sat voraussichtlich im kommenden Frühjahr zu sehen sein wird. Eine Folge wird 45 Minuten lang dauern. "Die Erfindung des Reisens ist mit der Eisenbahn aufgekommen", erzählt Kameramann Manuel Mellacher von Locustmedia Produktion. "Früher ist man nicht einfach so auf Urlaub gefahren, aber das hat sich durch die Bahn geändert. Auch das Saison-Denken ist zu der K&K-Zeit entstanden, in der die Doku spielt."

Der Inhalt der Dokumentation ist jedoch noch vielseitiger. So beschäftigt sie sich beispielsweise mit den ersten Reisekorrespondenten der österreichischen Presse und es kommen einige Expertinnen und Experten aus den Bereichen Eisenbahn, Tourismus, Forstwirtschaft und Reisen zu Wort. Anekdoten von Nachfahren von Lokführern, Hoteliers und Schienenputzerinnen werden erzählt.

Feistritztalbahn vor der Kamera

"Es soll vermittelt werden, was das Erbe ist und welche Bezugspunkte es zur heutigen Zeit gibt", sagt Scherz. "Welche touristischen Auswirkungen hatte es, wenn die Bahn aufgelassen wurde und was ist aus Regionen geworden, die ihre Bahn verloren haben." Aktuelles Beispiel ist die Feistritztalbahn, deren Zukunft noch immer nicht entschieden ist.

"Dampfloks sind zwar kontraproduktiv, was den Umweltschutz angeht", sagt Reinhard Karis vom Club U44, der sich für den Erhalt der Feistritztalbahn einsetzt, "aber es fahren unheimlich viele Leute mit der Bahn. Es kommen sogar welche aus Wien. Wir wollen die Menschen durch die Bahn zurück in vergangene Zeiten führen. 1894 wurde die Bahn gebaut", erzählt er. Im Film spielt er den Lokführer.

"Wir sind erst bei den Dreharbeiten draufgekommen, wie alle auf das Thema fliegen", sagt Scherz. Zahlreiche Tourismusverbände haben sich gemeldet, die sich neben dem ORF, Siemens, der ÖBB und der Gmundner Firma Stern & Hafferl an der Finanzierung beteiligen. Scherz selbst hat das Thema aufgegriffen, weil sein Bruder "ein Bahn-Enthusiast ist". Ein weiterer Aspekt, mit dem sich Scherz auseinandersetzt, ist, ob es eventuell eine Renaissance des öffentlichen Nahverkehrs geben wird. Wird die Bahn wieder das Verkehrsmittel der Zukunft?

Nächste Woche wird von Freitag bis Sonntag auf der Brandlucken gedreht. Danach geht es noch mal zum Bahnhof. Neben Birkfeld wurde auch schon in Tirol und Niederösterreich gefilmt. "Wir haben vor zwei, drei Monaten mit den Dreharbeiten begonnen", so Mellacher. Im Winter soll die finale Klappe fallen, davor wird jedoch noch in Wien und Tirol gefilmt.