Anmutig trabt der Warmblutwallach Ducato Runde um Runde an der Longe, einer Art langer Leine. "Ich wärme diesen Herren hier auf, die Mädels bereiten sich da drüben vor", sagt Stefanie Marchler, die das andere Ende der Longe in der Hand hält. "Die Mädels", das ist eine Gruppe junger Damen, die jeden Samstag zum Voltigieren, also zum Turnen am laufenden Pferd, kommen.
Wir sind am Hofgut Marchler in Mortantsch. Stefanie Marchler, gebürtig aus Wünschendorf bei Gleisdorf, bewirtschaftet diesen Bauernhof mit ihrem Mann Helmut. 90 Rinder in Mutterkuhhaltung und 80 Schweine leben hier, aber auch Ziegen, Minischweine, Hühner, Schafe, Meerschweinchen, ein Esel, ein Pony und ein Hund. "Wirarbeiten nach dem Green-Care-Konzept", verrät die 33-Jährige und erklärt: "Dabei geht es um die Interaktion zwischen Tier, Mensch und Natur, um gegenseitigen Respekt." Ihre Kinder Annika (2 Jahre) und Klemens (7 Monate) integrieren die Marchlers von Anfang an in das Leben und den Arbeitsablauf am Bauernhof: "In so einer natürlichen Umgebung aufzuwachsen, ist wertvoll." Und das gefällt auch vielen anderen – der Zulauf ist enorm, wie Stefanie Marchler verrät.
Rücksicht auf Tier und Natur
Der Bauernhof ist ein Ort der Begegnung – sowohl mit Zwei- als auch mit Vierbeinern. Willkommen ist jeder, egal wie jung oder alt, ob mit Handicap oder ohne. Aber: "Wir sind kein Streichelzoo und kein Ausflugsziel", stellt die junge Landwirtin fest. Es gehe darum, unter Anleitung das Wesen der Tiere kennenzulernen. Natürlich darf und soll auch gestreichelt und geschmust werden – aber eben nicht nur.
"Die Kinder lernen die Bedürfnisse der Tiere kennen, helfen bei der Pflege und der Futterbeschaffung." Tiergestützte Pädagogik nennt sich dieser Ansatz, von dem gesunde Kinder und Erwachsene ebenso profitieren wie Menschen, die zu therapeutischen Zwecken auf den Bauernhof kommen.
Dazu gibt es mehrere Angebote, wie etwa wöchentliche Spielgruppen: "Derzeit haben wir zwei Altersklassen, die 'Jung-' und die 'Altbauern'", erzählt Marchler, die die HAK in Weiz abgeschlossen und später in einem Büro gearbeitet hat. Hinzu kommen Veranstaltungen im Jahreskreislauf, etwa das gemeinsame Palmbuschenbinden (ausgebucht) und die Osterschatzsuche. Zusätzlich arbeiten die Marchlers an neuen Angeboten in der Seniorenarbeit wie Erzählcafés für verschiedene Generationen.
Freiheit im Galopp
Ducato ist inzwischen aufgewärmt, die Mädels haben unter gemeinsamem Lachen und Scherzen ihre Akrobatik auf der Pferdetonne geübt. Nun geht es rauf auf das richtige Pferd. Während der Wallach läuft, nähert sich ihm Anna. Ein paar Schritte läuft sie an seiner Seite mit, dann schwingt sie sich gekonnt auf seinen Rücken. "Ich komme schon seit drei Jahren zum Voltigieren hierher", verrät die Elfjährige, denn "es macht einfach so großen Spaß und man fühlt sich so frei, wenn das Pferd galoppiert." Und schon zeigt sie, was sie gelernt hat. Gekonnt streckt sie ein Bein von sich, turnt, ohne sich anzuhalten und dreht sich schlussendlich sogar auf dem Pferderücken um.
Geben und Nehmen
Derweil bringt Helmut Marchler den jüngsten Zuwachs der tierischen Familie aus dem Stall: Das Ziegenzwillingspärchen ist erst zwei Wochen alt und noch namenlos. "Oooooh" entfährt es den jungen Damen, die sich alsbald um die süßen Zicklein scharren. Wie gesagt – auf diesem Bauernhof wird mitgearbeitet, aber eben auch mit den Tieren geschmust.
Katharina Lagler