"Jeder Handgriff muss sitzen, sonst kann es schnell daneben gehen", sagt Monika Wiefler, in der Hand hält sie einen dünnen, weißen Glasstab, die Spitze glüht. Gekonnt führt sie ihn an die zischende Flamme heran, die aus einem am Tisch montierten Gasbrenner dringt. Mit viel Fingerspitzengefühl streicht sie das flüssig gewordene Glas auf einen Metallstab. Mit einer gekonnten Drehbewegung wächst der Tropfen Schicht für Schicht und wandelt sich zur Perle. 1000 Grad ist sie heiß.
"Das, was ich da mache, nennt sich Glasperlen wickeln, weil das Glas über einen Stab gewickelt wird. Dieser ist mit einem speziellen Trennmittel beschichtet, damit das flüssige Glas nicht kleben bleibt", erklärt die Künstlerin. Hinter ihr im Regal erkennt man tausende filigrane Stäbe - alle aus Glas. "Muranoglas", verdeutlicht Wiefler und fügt hinzu: "Das kommt direkt aus Italien." Zwischen zwei und dreißig Minuten braucht Wiefler für eine Perle. Je nach Größe, Farbenspiel und Dekoration. Mit Präzision werden diese im Anschluss zu feinen Schmuckstücken weiterverarbeitet, darunter Halsketten, Ohrringe, Armreifen, Ringe und Schlüsselanhänger. Jedes ein Unikat.
Vom Büro in die Werkstatt
Was jetzt so einfach von der Hand geht, war nicht immer so. "Das ist natürlich Übungssache. Bei mir war es Learning by Doing. Ich habe mir das eigentlich fast alles selbst beigebracht", sagt die Autodidaktin. Bevor sie sich vor mehr als zehn Jahren der filigranen Handwerkskunst verschrieben hat, war sie als Büroangestellte in der Lohnverrechnung tätig. "Ich habe mit den Glasperlen eigentlich als Ausgleich zum Job begonnen", erklärt Wiefler. Im Fernsehen hat sie einen Beitrag über Murano-Glas gesehen und zu sich gesagt: "Das würde ich auch gerne können."
Gesagt, getan. Am ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI) nahm sie die Gelegenheit für einen Schnuppertag mit einer Glaskünstlerin wahr und war sofort begeistert. Am Anfang verschenkte sie ihre Stücke noch an Verwandte und Bekannte, durch den Verein "Kunst a Kumman" und Kunsthandwerksmärkten in der Hügellandhalle St. Margarethen, wurde der Bekanntheitsgrad immer größer. Mittlerweile hat Wiefler ihre Kunst perfektioniert. Das einstige Hobby ist zum Beruf geworden.
Ein Atelier voller Schätze
Vor zehn Jahren hat sie mit ihrem eigenen Unternehmen den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Der Name ist Programm. So finden sich in "Monikas Schatztruhe" nicht nur feinste Glasperlen und Schmuck, sondern auch Dekoartikel aller Art für Haus und Garten. Mit der Zeit hat sie sich an unterschiedlichsten Werkstücken versucht. Unter anderem am "Fusing" - einer Glasschmelztechnik, welche das Glas so weit erweicht, dass sich einzelne Teile aus Glas dauerhaft verbinden.
"Mit der Ausbildung zur Mentaltrainerin ist mir bewusst geworden, dass jeder die Möglichkeit hat, sein Leben so zu verändern, dass es ihm gut geht", sagt Wiefler. Währenddessen streut sie gefärbtes Glaspulver auf jene Glasstücke, die sie zuvor aus einer Glasplatte geritzt und nun zu einem Schmetterling zusammengesetzt hat. "Mein Mann hat mir eine Werkstatt eingerichtet, hier kann ich meine Träume verwirklichen". Diese hat sich in den vergangenen zehn Jahren sukzessive erweitert. Auch ein eigener Schau- und Verkaufsraum ist dazugekommen.
"Glaskunst ist wie Meditieren"
Wiefler öffnet den Deckel des Brennofens und legt das Werkstück hinein. Der Ofen wird jetzt auf 800 Grad aufgeheizt. Das dauert rund drei Stunden. Nach 16 Stunden haben sich die einzelnen Glasteile miteinander verbunden. Das Kunstwerk ist fertig gebrannt, der Ofen abgekühlt. Heraus schlüpft ein rot-blauer, gläserner Schmetterling.
Aber warum genau Glas und nicht etwa Holz oder Ton? "Glas ist einfach ein faszinierender Rohstoff. Er wirkt so zerbrechlich, hält aber in Wirklichkeit viel aus, wenn es richtig verarbeitet wird", sagt Wiefler und fügt hinzu: "Außerdem ist es sehr vielseitig, von filigranem Schmuck bis zur robusten Gartendekoration ist alles möglich."
Auf langen Metallstäben glänzen Blumen in allen Farben und Formen: Sonnenblumen, Margeriten, Tulpen. "Genieße den Augenblick, denn der Augenblick ist dein Leben", ist auf dem bunten Garten-Dekor-Stecker zu lesen. Und genau das tut Monika Wiefler. "Die Arbeit mit Glas tut mir gut und ist entspannend. Für mich ist die Glaskunst wie meditieren."