„Ingrid ist über Nacht geblieben, sie hat uns Tag und Nacht unterstützt.“ Die Dankbarkeit schwingt aus jedem einzelnen Wort von Daniela Holzbauer aus Thannhausen mit. Im März starb ihr Vater mit 70 Jahren an einer Lungenentzündung. „Zu Weihnachten hat Ingrid gesagt, er wird sterben. Sie hat uns geholfen zu akzeptieren, dass er sterben wird.“
Ingrid Kratzer-Toth ist die Leiterin des Weizer Hospizteams. Ehrenamtlich und damit kostenlos stehen sie und ihre rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Menschen in deren schlimmsten Zeiten bei. Von Birkfeld bis St. Margarethen an der Raab ist ihr Einzugsgebiet. Vier Männer hat sie aktuell in ihrem Team. Die meisten seien zehn bis zwanzig Jahre dabei, manche etwas länger. „Jeder betreut ein bis zwei Leute, je nachdem, was gerade ansteht“, erzählt Kratzer-Toth.
Ausbildung zum Hospizbegleiter
In der ganzen Steiermark gibt es 32 Hospizteams. „Am 6. Dezember fängt der 13. Hospizkurs in Gleisdorf an“, sagt Kratzer-Toth und lädt Interessierte ein, sich anzumelden. Man lernt dabei, mit Sterbenden und deren Angehörigen umzugehen.
Empathie ist dabei gefragt und Fingerspitzengefühl. Oft entstehen aus den Begleitungen echte Freundschaften. „Ingrid ist jetzt noch mit meiner Mama in telefonischem Kontakt“, erzählt Holzbauer. „Ich glaube nicht, dass wir das ohne sie so überstanden hätten. Sie war immer verlässlich, egal, wann du sie angerufen hast und sie hat immer unterstützt. Sie hat uns die Angst genommen.“
Beerdigung geplant
Mit Holzbauers Vater hat Kratzer-Toth über dessen Beerdigung gesprochen. „Sie hat mit Vati alles ausgeredet. Wie er die Beerdigung haben will, was er anziehen will. Er wollte, dass sie ihn danach wäscht und herrichtet, nicht die Bestatter. Mama hat immer gesagt, sie kann ihn nicht fragen, wie er bestattet werden will, denn dann glaubt er, sie will ihn loswerden.“
Mutter und Bruder verloren
Kratzer-Toth hilft den Menschen auch dabei, einander besser zu verstehen. „Sie hat mir Ratschläge gegeben, wie ich mit bestimmten Situationen umgehen kann, hat mir gut zugeredet oder einfach zugehört“, erzählt Andrea Klammbauer aus Puch bei Weiz. Ihre Mutter verstarb 2009 an Krebs, über das Hospizteam Hartberg wurde sie damals an Ingrid Kratzer-Toth vermittelt.
„Ich war damals sehr jung und hab nicht wahrhaben wollen, dass meine Mutter sterben wird“, erzählt die heute 52-Jährige. Mit der Hospizbegleiterin stimmte die Chemie von Anfang an, erinnert sie sich. „Sie war sehr menschlich und einfühlsam. Ingrid ist oft gekommen und hat gesagt: Geh mal mit Freundinnen was trinken.“
Im Pflegeheim übernachtet
2015 verlor Klammbauer auch noch ihren Bruder aufgrund einer Krankheit. Auch hier stand Kratzer-Toth ihr wieder bei. „Sie ist sogar zwei oder drei Nächte bei ihm im Pflegeheim geblieben. Sie ist wirklich eine Seele.“ Heute - fast zehn Jahre nach dem Tod ihres Bruders - ist Klammbauer immer noch in Kontakt mit Kratzer-Toth. Die beiden pflegen ein freundschaftliches Verhältnis zueinander.
Nach dem Tod ihrer Familienmitglieder bat Klammbauer anstatt Kranzspenden um Spenden für das Hospizteam. „Es ist gratis, man braucht nichts zu bezahlen. Ich hab äußersten Respekt vor Personen, die das machen.“