Manfred Tement ist ein ernsthafter Mann. Und ein großzügiger. Abends, als sich der Gewitterwind über dem Pogusch verzogen hat und beide Schlachten glücklich geschlagen sind, die Weinkost und Österreichs Euro-Match gegen Polen, antwortet der vielfache Verkostungsgewinner und frisch gekürte Burgunder-Riedenwein-Champion auf die Frage nach dem wichtigeren Sieg des Tages nach angemessener Nachdenkpause mit den Worten: „Da nehme ich heute den Österreich-Sieg. Weil der für die Zukunft entscheidend war.“
Video: Die 32. Weinkost am Pogusch
Tatsächlich kann sich Tement die Freigebigkeit leisten: Er selbst hat für die Zukunft ja längst vorgesorgt, sein x-fach ausgezeichnetes Weingut betreibt er gemeinsam mit seinem Sohn Armin. Auch Willi Sattler, ein weiterer Seriensieger der Kleine Zeitung-Weinkost, ist gemeinsam mit seinen Söhnen Alex und Andreas angereist - und bester Dinge, nicht nur, weil der Sattlerhof in der Kastegorie Sauvignon Blanc Riedenwein den Sieg davongetragen hat, sondern auch, weil er das Szepter im Weingut weitergereicht hat und gerade die Freude am Genuss wiederentdeckt, „nach Jahrzehnten als Produzent und Verkoster, die vielleicht überkritisch machen.“ Was ist das Geheimnis eines wirklich guten Weinmachers? „Ein Maximum an Authentizität“, sagt Sattler wie aus der Pistole geschossen, „dazu Präzision und Intuition. Und es braucht Freiheit, um einen großen Wein zu produzieren. Aber man muss sich auch ständig hinterfragen und weiterentwickeln.“
Heinz Velich, der sich selbst augenzwinkernd als „letzten burgenländischen Weißwein-Winzer“ bezeichnet, teilt diese Einschätzung. Für den Fach-Tester und unvoreingenommenen Beobachter hat der steirische Wein dank seiner Erzeugerinnen und Erzeuger „wieder einmal seine Exzellenz bewiesen“, stellt er fest – allerdings heißt das im Hinblick auf die Gesellschaft der nachdrängenden Jungwinzer auch: „Die nächste Generation wird dazuschauen müssen, dieses Niveau auch zu halten.“
Die Weitergabe des Feuers: Auf dem Pogusch ist sie bereits perfekt gelungen: Drei Generationen der Familie Reitbauer, unterstützt von einem phänomenalen 50-köpfigen Team, bewies einmal mehr exemplarische Gastgeberschaft und versorgte die Gäste mit einzigartiger Kulinarik: Sturm-Kicker Gregory Wüthrich, wie Teamkollege Stefan Hierländer ein Weinkost-Debütant, versuchte gar das erste Kalbsbries seines Lebens, in Sachen Getränke hielten sich die beiden allerdings ans Quellwasser: Die Vorbereitungen für die Herbstsaison sind schon in Gang, und auch der beste Muskateller passt halt nicht zum harten Intervalltraining.
Einer war der Style-Regent
Was derlei bringen kann, zeigte derweil ihr Sturm-Kollege Alex Prass beim EM-Match in Berlin. Der große Gleichmacher Fußball sorgte für die dickste Menschentraube des Tages - vor dem Fernseher an der Theke: Winzer und Wirtschaftskapitäne jubelten da Schulter an Schulter mit heimischer Kultur- und Medienprominenz von Autorin Valerie Fritsch über Medienmanager Hans Mahr bis zum Grazer Bühnen-Chef Bernhard Rinner. In den vordersten Reihen: Gerhard Liebmann, der demnächst letzten Drehtag bei Andreas Prohaskas Horrorfilm „Welcome Home, Baby!“ hat und sich schon auf die Entsorgung seines Film-Rauschebarts freut (“Endlich“). Und Michael Ostrowski, der in Graz gerade den zweiten Teil der Krimireihe „Trost und Rath“ abgedreht hat – er war auf dem Pogusch-Parkplatz extra in die Einserpanier (weißer Kaftan, weite Samthose) geschlüpft, um die Style-Regentschaft zu übernehmen.
Ina trifft Patti
Etliche Kulturschaffende reisten mit neuen Projekten im Köcher an: Aglaia Szyszkowitz, die im Sommer von München in ihre Heimatstadt Graz zurückziehen wird (“Ich habe mir in der Innenstadt eine Wohnung gemietet, um mitten im Leben zu sein“), steht kurz vor dem Dreh für einen neuen Zweiteiler mit Adele Neuhauser aus der Feder von „Vorstadtweiber“-Erfinder Uli Brée. In der Schreibphase befindet sich Regisseur und Drehbuchautor Thomas Roth nach seinem Erfolg mit dem Kinofilm „Schächten“. Mit dem Schreiben für sein nächstes Album will auch Amadeus-Preisträger Josh beginnen; davor gibt es aber noch ausverkaufte Konzerte auf den Grazer Kasematten und auf Burg Finkenstein. Für zwei Austropopper wird es ein Sommer der Großauftritte: Boris Bukowski singt heute auf der Donauinsel gemeinsam mit Wanda seinen Hit „Kokain“. Und Ina Regen bestreitet gar das Vorprogramm von Rocklegende Patti Smith am 25. Juli in Wien.
ORF-Chef Roland Weißmann hingegen, mit Sender-Größen wie Claudia Reiterer und Christian Wehrschütz angereist, nutzte den Pogusch für eine Verschnaufpause in einem an Terminen dichten Juni, er zog die Weinkost gar der Festivaleröffnung in Grafenegg vor. Derweil biegt Staatsopernchef Bogdan Roscic gerade ab ins Saisonfinale und danach in paar Wochen ohne Rummel. Er verbringt seine Ferien in einem Häuschen am Traunsee – und freut sich vor allem auf eines: „Stille.“