Ein Tropfen, sagt der Volksmund, kann ein Fass zum Überlaufen bringen. Andererseits kann ein guter Tropfen aus einem guten Fass einen aufziehenden Sturm ins Wasserglas verbannen. Und es war wohl diese zweite Lesart, die sich bei der heurigen Weinkost der Kleinen Zeitung durchgesetzt hat.
Das traditionelle önologische Hochamt im Wirtshaus Steirereck auf dem Pogusch war stets ein Rahmen für besondere Begegnungen. Diesmal trafen Regierungspolitiker der ÖVP und der Grünen aufeinander – eine Menage, die normalerweise kaum erwähnenswert ist. Doch am Ende einer sehr speziellen innenpolitischen Woche kam ihr diesmal der fragile Charakter einer Familienzusammenführung zu.
In den Hauptrollen sah man die grüne Justizministerin Alma Zadic und die ÖVP-Ressortchefs Susanne Raab und Martin Kocher, alle drei kameragerecht vereint zum fast amikalen Plausch. Es war die erste koalitionäre Tuchfühlung der Woche. Bekanntlich war sogar der Ministerrat dem Krach rund um das EU-Renaturierungsgesetz zum Opfer gefallen. Der Genius dieses Ortes aber überwand die Gräben. Die Höhenlage über dem steirischen Mürztal eigne sich exzellent für persönliche und politische Renaturierung, merkte Chefredakteur Hubert Patterer an.
Baby-Applaus für Zadic
Irgendwann formte Zadic, die ob ihrer kürzlich annoncierten zweiten Schwangerschaft mit Extraapplaus bedacht wurde, sogar ihre Hände zum Herz. Doch der Friede blieb brüchig. Kanzler Karl Nehammer tauchte erst am mittleren Nachmittag auf, als er gesicherte Nachricht hatte, dass Zadic schon wieder gegangen war. Die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler, die die Staublawine losgetreten hatte, blieb dem Geschehen fern.
Präsent war sie trotzdem, denn natürlich wurde die causa prima in der etwas schwülen Sommerluft heiß diskutiert, und das vor der Folie der nahenden Wahltermine zum Nationalrat (September) und zum steirischen Landtag (Ende November). In der ÖVP spürt man nach der EU-Wahl Aufwind, wie etwa der steirische LH Christopher Drexler meinte. Langgediente Funktionäre wie Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger oder der steirische Bildungslandesrat Werner Amon sagen ihrer Partei ziemlich keck Platz Eins für beide Wahlgänge voraus.
Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm verweist darauf, dass es bei Jungwählern sogar ÖVP-Zugewinne gab: „Eine Aufholjagd zahlt sich aus.“ Es gibt aber auch Gegenstimmen wie jenen hohen Funktionär, der noch vor dem Eintreffen Nehammers meinte, den schwersten Job habe jetzt Klubchef August Wöginger. Denn 20 Prozent der ÖVP-Abgeordneten hätten sich schon ausgerechnet, sowieso keine Chance auf Wiederwahl zu haben. Und die müsse man jetzt bei der Stange halten.
Zum Glück nicht erreichbar
In der SPÖ, hochrangig vertreten etwa durch Kärntens LH Peter Kaiser und Vizeklubchef Jörg Leichtfried, hofft man verbreitet auf Anti-FPÖ-Koalitionen in Bund und Land. Zum mäßig stabilen Zustand der eigenen Partei gab man sich wortkarg. „Ich bin jetzt eine Woche am Meer und zum Glück schwer erreichbar“, meinte ein Spitzenfunktionär.
Dann gab es aber auch jede Menge Gesprächsstoff abseits des Offenkundigen. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, die zuletzt im vorigen Dezember bei der Hochzeit ihres Sohnes am Pogusch weilte, freut sich über eine besondere Ehre: Österreichs Rechnungsprüfer wurden mit der diesjährigen OECD-Prüfung betraut, weil der eigentlich vorgesehene französische Rechnungshof von den Russen abgelehnt wurde. Den Bericht gibt’s im Juli. Die steirische Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer rang dem Bundeskanzler nebenbei eine finanzielle Extraförderung des Bundes für den Landes-Hochwasserschutz ab.
Südtirols LH Arno Kompatscher reiste direkt vom Ausschuss der Regionen in Brüssel an. Er plauderte nicht nur sachkundig über Weinbau, sondern wurde auch um sachdienliche Hinweise zur personellen Besetzung der kommenden EU-Kommission gefragt.
Bestimmung des Standortes
Viel zu besprechen hatten auch die versammelten Vertreter von Wirtschaft und Wissenschaft. Wie geht’s weiter mit der Künstlichen Intelligenz? Wie krisenfest ist der Standort? Darüber sprachen etwa die Rektoren Andrea Kurz (Med-Uni Graz), Horst Bischof (TU Graz) und Peter Riedler (Uni Graz), Kages-Aufseher Günter Dörflinger, IV-Präsident Georg Knill, Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk sowie eine lange Reihe von Firmenchefs bzw. Eigentümern oder Aufsehern.
Beispielhaft für viele seien genannt: Gerhard Christiner (APG), Christoph Holzer (Spar), Christian Jauk (Grawe Bankengruppe), Christian Knill (Knill Gruppe), Oliver Kröpfl (Sparkasse), Wolfgang Leitner (Andritz), Hans Roth (Saubermacher), Rudi Roth (Tank Roth), Friedrich Santner (Anton Paar), Klaus Scheitegl (Grawe), Herta Stockbauer (BKS), Markus Tomaschitz (AVL), Martin Wäg (Kastner & Öhler) und Christina Wilfinger (SAP).