Tote Hose statt volle Gaststube: Das ist der ernüchternde Befund von Ilse Jakopé, Chefin der legendären Kästenburg in Ratsch an der Südsteirischen Weinstraße. "Am vergangenen Sonntag hatte ich nur drei Reservierungen, die Laufkundschaft hat komplett ausgelassen, das ist nicht normal", berichtet Jakopé. Eine Wahrnehmung, mit der sie nicht allein ist. Entlang der gesamten Weinstraße klagen Gastronomen derzeit über einen signifikanten Rückgang bei Tagesgästen, vor allem aus dem Grazer Raum.
Sperre in Ehrenhausen
Verantwortlich dafür machen die Wirte nicht etwa das Wetter oder die Teuerung, sondern in erster Linie eine unglückliche Kombination von Baustellen an neuralgischen Punkten. Allen voran jene im Zentrum von Ehrenhausen, die bis 1. September eine Totalsperre der Ortsdurchfahrt nach sich zieht. Grund dafür sind die Erneuerung der Wasserleitung und Oberflächenentwässerung sowie die Verlegung von Nahwärme- und Glasfaserleitungen.
Sanierung nach Hangrutsch
Erschwerend hinzu kommt, dass die Südsteirische Weinstraße im Bereich des Weinguts Tement am Graßnitzberg nach einem Hangrutsch Ende Mai ebenfalls gesperrt ist. Die aufwendigen Sanierungsarbeiten der L 613 dauern wohl ebenfalls bis September an. Ab Mitte August könnte die Straße zumindest provisorisch wieder befahrbar sein. Damit nicht genug, wird ab 3. Juli auch im Zentrum von Gamlitz gebaut. Anlass ist der Neubau der Gamlitzbachbrücke, der in diesem Bereich bis voraussichtlich Ende September zu einer Sperre der L 621 führt.
Für alle Baustellen wurden beziehungsweise werden zwar Umleitungen eingerichtet. Geht es nach Jakopé, hat sich das aber zu wenig herumgesprochen: "Das wurde viel zu spät kommuniziert, wir haben zwei Tage vor Start der Baustelle in Ehrenhausen davon erfahren." Die Beschilderung der Umleitung sei außerdem so verwirrend, dass sich nicht einmal Einheimische auskennen. "Kein Wunder, dass sich viele Gäste das gar nicht antun und zu Hause bleiben", schrillen für Jakopé die Alarmglocken.
Krisengipfel
Um gegenzusteuern, gab es am Dienstag in Ehrenhausen eine Art Krisengipfel mit Vertretern der involvierten Bauunternehmen, Gemeinden, Behörden und dem Tourismusverband Südsteiermark. Dabei einigte man sich auf eine rasche Verbesserung bei der Ausschilderung der Umleitungen. "Wir werden den überregionalen Verkehr künftig schon auf der Autobahn bis nach Spielfeld und von dort weiter nach Gamlitz und Leutschach leiten", verspricht der Leibnitzer Bezirkshauptmann Manfred Walch. Gemeinden und Baufirmen sollen sicherstellen, dass der Informationsfluss auch Richtung Bevölkerung und Betriebe verbessert wird.
Viel Luft nach oben gebe es diesbezüglich aber nicht, glaubt der Ehrenhausener Bürgermeister Hannes Zweytick: "Die Baustelle ist schon seit Winter geplant, wir haben die Leute rechtzeitig informiert und geben bei Fragen gerne Auskunft." Die Baufirmen würden sogar Extraschichten einlegen, um früher fertig zu werden. "Trotzdem ist mir bewusst, dass die Baustelle für Bewohner und Betriebe eine große Belastung ist und ich bitte um Verständnis", so Zweytick.
Appell an Kunden und Gäste
Bei Lisa-Marie Schiefer, die in Ehrenhausen den Unverpackt-Laden "Ohne TamTam" betreibt, hält sich dieses jedoch in Grenzen: "Wir haben einen Umsatzrückgang von mindestens 40 Prozent, das zahlt uns niemand." Jammern wolle sie dennoch nicht, vielmehr an die Unterstützung der Kunden appellieren: "Wir sind trotz Baustelle für sie da."
Ins selbe Horn stößt Tourismusobmann Herbert Germuth: "Wir müssen trotz der Umstände positiv bleiben. Wenn man sich an die Beschilderung hält, gelangt man zu allen Betrieben."