Ein Chemieunfall sorgte Dienstagfrüh in der südsteirischen Gemeinde Ragnitz (Bezirk Leibnitz) für einen Großeinsatz. Laut ersten Erkenntnissen der Polizei kam es kurz vor 7 Uhr in einer metallverarbeitenden Firma im Ortsteil Badendorf zu einer chemischen Reaktion. Konkret wurden Metallteile in einem Becken über Nacht automatisiert mit einem Beizmittel behandelt. Dabei dürfte es möglicherweise wegen eines Materialfehlers oder einer Verunreinigung (Rost) zu der Reaktion gekommen sein.
Aus mehreren Stoffen bildete sich ein Gasgemisch, das in Form einer orangen Wolke ins Freie entwich und über dem Ort schwebte. Als erstes bemerkt wurde sie von einem Mitarbeiter einer benachbarten Firma, der den Notruf wählte. Die Landeswarnzentrale löste daraufhin Umweltalarm aus, der kurz nach 9 Uhr wieder aufgehoben wurde.
Spezialisten der Feuerwehr im Einsatz
Erste Meldungen, wonach es sich um ätzende und giftige Salpetersäure gehandelt habe, stellten sich im Nachhinein als falsch heraus. Die Bevölkerung in einem Umkreis von fünf Kilometern wurde aber sicherheitshalber dazu aufgerufen, die Fenster und Türen geschlossen zu halten. Auch umliegende Schulen wurden informiert und ersucht, die Fenster geschlossen zu halten. Die Zu- und Ausfahrten in die betroffenen Ortschaften Ragnitz, Badendorf und Gundersdorf wurden von der Polizei vorübergehend gesperrt. Als Erste vor Ort waren Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr St. Georgen an der Stiefing, die unter schwerem Atemschutz das Gelände erkundeten. Unterstützt wurden sie in weiterer Folge von ihren speziell geschulten und ausgerüsteten Kameraden des Schadstoffzugs Südwest.
Keine Verletzten
"Unsere Experten gehen derzeit davon aus, dass zu keinem Zeitpunkt Gefahr für die Bevölkerung und die Umwelt bestanden hat. Das Zusammenspiel der Behörden und Einsatzkräfte hat vorbildlich funktioniert", berichtet Wolfgang Klemencic, stellvertretender Bezirkshauptmann von Leibnitz. Im betroffenen Betrieb gibt es keine Verletzten, weil zum Zeitpunkt des Zwischenfalls keine Mitarbeiter anwesend waren. Sachverständige untersuchen jetzt die näheren Umstände für den Zwischenfall.
Unternehmen: "Hohe Sicherheitsmaßnahmen"
Um Aufklärung bemüht ist auch Siegfried Tieber, Geschäftsführer der betroffenen Firma Niro-Expert GmbH: "Wir haben sehr hohe Sicherheitsmaßnahmen. Wie es dazu kommen konnte und welches Gas das war, wird noch analysiert. Wir sind froh, dass kein Mitarbeiter zu Schaden gekommen und kein Umweltschaden entstanden ist." Einen ersten Erklärungsversuch liefert sein Betriebsleiter Werner Wallner: "Es hat ein normaler Arbeitsprozess mit unvorhersehbaren Zusatzprozessen stattgefunden. Bauteile aus Metall wurden mit hochverdünntem Beizmedium behandelt und gereinigt, das kann bis zu 48 Stunden dauern." Durch Rost auf den Metallteilen können sich dabei Gase bilden. Diesmal sei es aber weit mehr Gas als üblich gewesen.
Bürgermeister informierte Bevölkerung
Schnell reagiert hat der erst seit wenigen Monaten im Amt befindliche Bürgermeister von Ragnitz, Manfred Sunko. "Meine Frau hat die Wolke bemerkt, als sie in der Früh die Kinder mit dem Bus in den Kindergarten gebracht hat und mich angerufen. Ich bin dann sofort dorthin gefahren, die Einsatzkräfte waren zum Glück schon da." Die Hauptaufgabe des Ortschefs bestand daran, besorgte Bürger zu beruhigen: "Es haben sehr viele angerufen, es gab aber keine Überreaktion. Wir haben die Bevölkerung umgehend über unsere Gemeinde-App und soziale Medien informiert", erklärt Sunko. Sein ausdrücklicher Dank gilt den eingesetzten Behörden und Einsatzorganisationen: "Durch ihren Einsatz ist zum Glück nichts Schlimmeres passiert."