Was im Jahr 1696 mit einer kleinen Schiffsmühle in Ragnitz begann, zählt heute mit rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den bekanntesten Unternehmen der Südsteiermark: die Kiendler-Gruppe mit den Sparten Elektroinstallation und Anlagenbau, Elektrohandel samt Servicewerkstätten, Getreidemühle und Erzeugung von steirischem Kürbiskernöl sowie E-Werk (Energieerzeugung und Energieversorgung).

Stromsparte verdoppelt

Letztere ist verantwortlich für die mit Abstand größte Investition in der über 300 Jahre langen Firmengeschichte. Mit der kürzlich erfolgten Übernahme des Stromnetzes und Energiehandels von E-Lugitsch in Feldbach (die Sparten Elektrotechnik und Elektrohandel bleiben erhalten) hat Kiendler sein Stromgeschäft bei allen wichtigen Parametern auf einen Schlag quasi verdoppelt. Mit in Summe 23.000 Kunden sind die Südsteirer zu Österreichs größtem privaten Energielieferanten aufgestiegen. Auch das Stromnetz zählt mit einem Versorgungsgebiet von 260 Quadratkilometern, einer Leitungslänge von 1250 Kilometern und einer übertragenen Leistung von 18 Megawatt auf Bundesebene zu den größten in privater Hand.

Markus, Ulrich und Paul Kiendler junior führen den Familienbetrieb in zwölfter Generation
Markus, Ulrich und Paul Kiendler junior führen den Familienbetrieb in zwölfter Generation © KLZ/Robert Lenhard

Über den Kaufpreis wurde, wie bei solchen Geschäften üblich, Stillschweigen vereinbart. „Man kann es aber als Generationenprojekt sehen“, erklären Markus, Ulrich und Paul Kiendler junior, die das Unternehmen bereits in zwölfter Generation führen. Als die Brüder vor etwa einem Jahr von den Verkaufsabsichten bei E-Lugitsch erfuhren, war ihnen sofort klar, dass sie diese Chance nutzen mussten.: „Wir sind direkte Netznachbarn, so eine Gelegenheit gibt es nicht zweimal.“

Dass sich die beiden Familien seit Generationen kennen und schätzen und E-Lugitsch-Chef Florian Lugitsch einst bei Kiendler seine Lehre absolvierte, war für die Verhandlungen kein Nachteil. „Der Familie Lugitsch war es wichtig, dass der Betrieb in regionalen Händen bleibt“, betont Ulrich Kiendler. Im Herbst wurde der Deal, der auch die Übernahme von zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beinhaltet, unter Dach und Fach gebracht. Seit wenigen Tagen ist auch der neue Firmenname „Kiendler Vulkanlandstrom GmbH“, offiziell.

Preise sinken

Die bestehenden Kundinnen und Kunden sollen davon kaum etwas merken. Die Stromanlaufstelle in Gniebing bei Feldbach bleibt mit den gewohnten Ansprechpartnern erhalten. „Durch unsere neue Größe können wir nicht nur bei der Versorgungssicherheit, sondern auch beim Strompreis mehr Stabilität bieten“, betonen die Kiendler-Brüder. Letzterer soll bereits mit 15. Dezember für alle Kunden gesenkt werden. Noch mehr Synergieeffekte werden mit der Zusammenführung der beiden Netze erwartet, die bis 2026 abgeschlossen sein soll.

Neues Kraftwerk

In dieses Stromnetz wird schon bald Energie aus einem neuen Kraftwerk eingespeist. Anstelle der beiden bestehenden und in die Jahre gekommenen Anlagen am Weissenegger Mühlkanal beim Stammsitz in Ragnitz tritt nächstes Jahr ein größeres, modernes Kleinwasserkraftwerk. Die mit einer Hightech-Turbine und einer Fischaufstiegshilfe ausgestattete Anlage hat eine Nennleistung von 300 kW. Damit sollen pro Jahr rund 2,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt werden, das entspricht dem Durchschnittsverbrauch von etwa 700 Haushalten. Die Fertigstellung der Arbeiten ist für Mai 2024 geplant.