Natürlicher Kühlungseffekt und Wärmedämmung im Winter, Schutz der Biodiversität, riesiger Wasserspeicher oder 100 Prozent Niederschlagsrückhalt – die Vorteile, die das 0°-Detentionsdach von der Firma AllesDach Wagner und der Tochter ADW Messtechnik verspricht, klingen spannend. Dieses "Dach der Zukunft" soll durch eine Mischung aus begrüntem Flachdach, schadstofffreien Dachbahnen, Wasserspeicher und patentiertem Sicherungssystem ermöglicht werden.
Eine Antwort auf die Bodenversiegelung
Entstanden sei das Konzept aus dem Umstand, dass Österreich täglich rund 11,5 Hektar Fläche durch Flächeninanspruchnahme (Stand Umweltbundesamt 2021) verliert und teils versiegelt. Die Folgen sind drastisch: Verlust von Biodiversität, häufigere Überschwemmungen und ein heißeres Mikroklima. Mit diesem Wissen im Kopf habe man versucht, die Bodencharta des Steirischen Vulkanlands auf das Dach zu bringen, so Johannes Wagner, Geschäftsführer von AllesDach Wagner.
Bei dem Betrieb, der 2012 von Johannes Wagner und Johann Trummer in Gnas gegründet wurde, handelt es sich eigentlich um einen Großhändler in der Dachbranche mit Spezialisierung auf pestizidfreie Flachdächer. Mit den Gründächern kopiere die Firma einfach die Natur. Das gespeicherte Wasser nutzt den darüberliegenden Pflanzen, weil schadstofffrei, als Grundwasserkörper und kühlt beim Verdunsten die Umgebungstemperatur. All das wird auf dem Firmengelände in der Europastraße in Feldbach am eigenen Dach in acht Versuchsstellen getestet.
Zudem kann im Regenfall das gespeicherte Wasser abgeleitet werden, wodurch die Regenmassen aufgenommen werden können, was Boden und Kanalisation entlasten soll. "Ein schwieriger Gedankensprung für Dachdecker. Seit tausenden Jahren wollen wir das Wasser schnellstmöglich vom Dach runter haben, aber bei uns soll es dauerhaft drauf bleiben", so Wagner.
Innovation durch Zufall
Um das Dach in dieser Form überhaupt verbauen zu können, brauchte es auch ein spezielles Sicherungssystem. Durch Zufall entdeckten sie das sogenannte Locdrain Schadensfolge-Freiheitssystem. Bei einer Schulung landete aus Versehen ein Stück Vlies halb innerhalb und halb außerhalb eines Kübels mit Wasser. "Am nächsten Tag hab ich wieder geschimpft, dass die Klimaanlage tropft, weil alles nass war", so Wagner. Doch es war anders, die Schwerkraft hatte das Wasser durch das Vlies aus dem Kübel gesogen: Das Locdrainsystem war geboren.
Dadurch wird das Dach abgesichert, sollte die Dachfläche Schaden erleiden und Wasser eintreten. In Feldbach ist das Detentionsdach bereits zu bestaunen: Der Ressourcenpark hat das erste Dach dieser Art in Österreich installiert. Seither können rund 150 Liter Wasser pro Quadratmeter auf dem Dach gespeichert werden.
"Die 'Geiz ist geil-Rechnung' geht hier nicht auf"
Auf die Frage, warum denn nicht jeder bereits diese Art von Dach nutze, muss Johannes Wagner lachen. Das sei immer die Frage. "Wir sind schon teurer, aber man muss das gegenrechnen. Beim Ressourcenpark waren wir am Ende dann nur 27 Euro pro Quadratmeter teurer als der Durchschnitt", so der Geschäftsführer. Zudem kämen noch einige Einsparungen hinzu, wie die natürliche Kühlleistung oder Langlebigkeit des Dachs. Außerdem: "Die 'Geiz ist geil-Rechnung' geht beim Klimawandel nicht auf."
Wagner appelliert an die Kommunen und die Politik, sich hier zielgerichtetere Förderungen zu überlegen. Noch fehle es an Bewusstsein, das jedoch durch die Extremwetterereignisse steige. Der Klimawandel und seine Auswirkungen sind somit ironischerweise die besten Werbepartner für Wagner und seine 15 Mitarbeiter. "Wir haben uns 180 Jahre auf Kosten der Natur unseren Fortschritt geholt, es ist Zeit etwas zu ändern!", sagt Johannes Wagner.