Risse in den Mauern, kaputte Fensterbänke: Jahrzehntelang ist bautechnisch nichts passiert, jetzt wurde die evangelische Kirche in Fehring im Eiltempo innerhalb von zwei Tagen generalsaniert. Dahinter steckt ein Mann, dem das 1962 geweihte Kirchengebäude immer viel bedeutet hat: der pensionierte Sägewerkbetreiber Werner Wagner aus Hohenbrugg an der Raab. "Anlässlich meines 80. Geburtstages mache ich mir ein Geschenk und lasse das Gotteshaus innen vollständig sanieren. Die Kosten dafür trage ich", hat Wagner vor noch etwas mehr als einer Woche angekündigt.
Pfarre unter Schock
Über die großzügige Spende hatten sich die 70 evangelisch gläubigen Menschen in der Region sehr gefreut. Eine Einweihungsfeier wurde schon für diesen Herbst geplant. Doch das Schicksal wollte es anders: Am vergangenen Sonntag wurde Wagner von einem Pkw in Fehring erfasst und verstarb kurz darauf im Krankenhaus. Drei Tage vor seinem 80er. Der Schock in der evangelischen Pfarre sitzt tief.
Nun hat sich die Familie des Verstorbenen gemeldet und möchte die Kirche im Sinne ihres verstorbenen Gatten, Bruders und Onkels im Eiltempo sanieren - für dessen bevorstehendes Begräbnis. "Ein Vermächtnis, das wir nie vergessen werden", so Ingrid Heinrich gerührt.
Gemeinsam mit Walter Hödl, Ingund Puntschart, Rosemarie Glockner, Monika Leitgeb und Ewald Kröpfl hat sie das Kirchengebäude in den vergangenen Jahren in Stand gehalten. "Es ist eben ein Kulturgut, das geschützt gehört", so das sechsköpfige Team. Und tatsächlich: Das kleine Kirchengebäude hat eine große Geschichte. Nachdem es 1945 aufgrund zahlreicher Kriegsschäden in der Region keine Möglichkeiten für gemeinsame Gebete in Privathäusern gab, wurden gemeindeübergreifend erste Spenden für eine Kirche gesammelt.
Spenden von Queen Elizabeth
Besonders umtriebig war hier die Pensionistin Frieda Ruck, bis ins Hartbergerland und Leibnitzerfeld von vielen als die "Fehringer Kirchenmutter" bezeichnet. Die Oststeirerin hatte sogar den damaligen US-Präsidenten Eisenhower und die britische Königin Elisabeth II kontaktiert und um Spenden für die neue Kirche gebeten. In Amerika wurde das Bittschreiben ignoriert, aus England kamen einige hundert Pfund. "Unglaublich, das würde heute wohl nicht mehr so einfach funktionieren", so Ingrid Heinrich.
Einst pilgerten Protestanten von Fürstenfeld bis Bad Radkersburg nach Fehring, weil dort die einzige evangelische Kirche in der Region gewesen war. Heute steht sie die meiste Zeit leer, vor wenigen Monaten wurde auch der zuletzt monatlich vor Ort stattfindende Gottesdienst gestrichen. "Weil zu wenige Menschen gekommen sind", erzählt Pfarrerin Silvia Kamanova.
Die meisten der Evangelischen im Ort pilgern heute nach Fürstenfeld - die Pfarren verbindet eine besondere Freundschaft. Übrigens: Ende Oktober feiert die Evangelische Kirche in Feldbach ihr 75-jähriges Bestehen. Dass es in Fehring auch wieder den einen oder anderen Gottesdienst geben könnte, schließt Pfarrerin Silvia Kamanova nicht aus.
Ewald Wurzinger