Frau Hösele, im Herbst 2021 bekam Ihre Mutter die Nachricht, den Brustkrebs besiegt zu haben. Wenige Wochen später erhielten Sie die Diagnose.

KATRIN HÖSELE: Ich bin durch einen Zufall auf meinen Tumor gestoßen. Ich hatte extreme Rückenschmerzen. Es war ein Bandscheibenvorfall, aber die Ärzte erkannten ihn nicht gleich und schickten mich zur Frauenärztin. Die sagte noch zu mir, dass sie mich wegen der Vorgeschichte meiner Mama zur Mammografie freischalten wird. Währenddessen tastete sie meine Brust ab und sagte, 'weil ich glaube, da haben wir was gefunden'.

Was war Ihr erster Gedanke?

HÖSELE: Obwohl Brustkrebs bei uns in der Familie allgegenwärtig ist, war es so surreal, dass es mich treffen könnte – und noch so knapp hinter meiner Mama. Aber für einen Laien war zu sehen, dass der weiße Fleck auf den Röntgenbildern da nicht hingehört. Für mich war klar: Brustkrebs ist heilbar, warum soll das bei mir nicht der Fall sein? Und ich habe zwei Kinder, die ich noch groß werden sehen möchte.

Wie haben Sie Ihrer Familie von der Diagnose erzählt?

HÖSELE: Am Weg nach Hause habe ich meinen Papa angerufen, weil er ist mit meiner Mama damals auch schon immer nach Feldbach (Anm. zur Chemotherapie) gefahren. Ich habe gesagt: Du hör zu, das, was du mit der Mama jetzt die letzten eineinhalb Jahre gemacht hast. Machst du das bitte mit mir auch? Dann bin ich noch bei unserem Laden stehen geblieben und habe zu meiner Mama gesagt: Gleiche Scheiße wie bei dir, aber wir machen das. Für sie war das ganz schlimm. Aber es gab nie Momente, in denen wir stundenlang geheult hätten.

Wie kann man als Angehöriger am besten unterstützen?

Woher kommt Ihr Optimismus?

HÖSELE: Ich habe schon so viel erlebt, schlechte Zeiten und gute Zeiten. Ich bin alleinerziehende Mama, das war zu Beginn auch ein bisschen schwierig. Aber man findet für jedes Problem eine Lösung, auch wenn der Weg holprig ist. Ich weiß aber nicht, wie es gewesen wäre, wenn die Behandlung bei der Mama nicht gut funktioniert hätte.

Was geht Ihnen während der einstündigen Autofahrt zur Therapie nach Feldbach durch den Kopf?

HÖSELE: Zu wissen, dass ich eine Chemo kriege, war gar nie so schlimm wie die Tatsache, dass ganz viele Nadeln ihn mich hineingesteckt werden. Ich habe Notfalltropferl – etwas Beruhigendes mit Alkohol – und die fahren auf nüchternen Magen (lacht). Aber bei der ersten Chemo habe ich mich schon gefragt: Wie wird es sein in diesem Raum? Wird mir schlecht beim Nachhausefahren? Im Endeffekt ist es eine kleine Familie, zu der man alle drei Wochen fährt. Die Station in Feldbach ist entzückend, so familiär. Da hat man noch einen Namen und ist keine Nummer.

Was sagt einem keiner vor der Chemo?

HÖSELE: Dass sie bei einem Mammakarzinom gut verträglich ist. Und vom tropfenden Chemonäschen hat mir niemand erzählt. Die Schleimhäute trocknen durch die Chemo total aus und man hat immer eine krustige, blutige Nase.

Wie hat die Diagnose Ihren Alltag verändert?

HÖSELE: Ich muss täglich eine Hormontablette schlucken, wahrscheinlich für die nächsten fünf bis sieben Jahre, denn mein Tumor ist hormonabhängig. Dazu bekomme ich alle 28 Tage eine Spritze in den Bauch. Durch die Tablette hat man Gelenkschmerzen, die Finger werden dick über Nacht, in der Früh hat man Steifigkeit im Körper. Dann muss ich mich aus dem Bett rollen und mich beim Sockenanziehen hinsetzen.

Für Katrin Hösele gab es keine andere Wahl, als gegen den Krebs anzukämpfen, erzählt sie. Sie will für ihre Töchter da sein
Für Katrin Hösele gab es keine andere Wahl, als gegen den Krebs anzukämpfen, erzählt sie. Sie will für ihre Töchter da sein © Julia Schuster

Wie geht es Ihren Töchtern in der Situation?

HÖSELE: Meine Große ist einmal gefragt worden, ob sie Verlustängste hat. Da hat sie gesagt, 'nein, ich habe mit meiner Mama noch so viel vor, das ist überhaupt kein Thema'. Die Kleine hat gesagt, 'ich habe nie die Befürchtung gehabt, dass du das nicht schaffen wirst'.

Auf Instagram machen Sie Ihre Krankheit öffentlich. Warum?

HÖSELE: Ursprünglich war der Gedanke, dass ich zur Erinnerung mitfilme, wie mir meine Kinder die Haare rasieren. Meine Mädels und ich sind ein verrücktes Team. Dann habe ich mich gefragt, wie ich den Kunden erzähle, dass ich Brustkrebs habe, der Laden aber weiterläuft. Als ich das fertige Video gesehen habe, war mir klar: Mit dem geben wir das nach außen.

Durch das Video haben drei Damen ihre Brüste abgetastet und Knoten gefunden. Ich habe mir gedacht, wenn du nur eine dazu bewegen kannst, zur Untersuchung zu gehen, dann hast du dein Ziel erreicht. Ein Mädel hat mir geschrieben, weil bei ihr jetzt die Chemo losgeht. Sie hat aus dem Gespräch so viel Positives mitgenommen. Das alles war ausschlaggebend dafür, dass ich weiterhin poste.

Sind Sie auch einmal schwach?

HÖSELE:Es gibt Tage, wo es einem nicht gut geht. Sie waren aber noch nie so krass. Ich würde sie teilen, aber nicht weinend live gehen. Ich will das Positive nach außen bringen. Viele können nicht damit umgehen, dass ich so offen bin. Die meinen, ich will Mitleid schinden. Aber ich bin die Letzte, die hören will, 'du bist so arm'.

Frau Hösele, wie geht es nun weiter?

HÖSELE: Ich habe noch zwei Chemotherapien vor mir, danach geht es schon zum Brustaufbau. Mir geht es den Umständen entsprechend sehr gut.

Wir wünschen Ihnen alles Gute.