Die ersten Sonnenstrahlen des Tages kitzeln beim Spaziergang zur Vulkanland Aussichtswarte am Stradenberg bei St. Anna am Aigen im Gesicht, knapp 500 Meter über dem Meeresspiegel ist die Aussicht über die Weinberge der Region schier atemberaubend. Wobei „Weinberge“ ja fast schon als veralteter Begriff gelten muss, am Weingut Triebl brechen knorrige kleine Bäumchen das Bild der in Reih und Glied stehend so vertraut anmutenden Weinreben. Winzer Franz Triebl baut hier Olivenbäume an.
Drei Sorten zum Glück
„Zu dieser Idee kam es ganz einfach. Als Weinbauer macht man auch gerne dort Urlaub, wo es guten Wein gibt, wie zum Beispiel in der Toskana. Und dort gibt es ja auch sehr gute Oliven. Wir haben uns dann mit den Kollegen vor Ort ausgetauscht und wollten das einfach ausprobieren“, erzählt Triebl lachend.
Während er durch seinen kleinen Olivenhain spaziert – 30 zweijährige Pflanzen stehen aktuell am Hang gegenüber der Hofeinfahrt – kommt eine Gruppe Wanderer die Straße entlang. Das ungewohnte Bild der mediterranen Pflanzen sorgt für Gelächter und Verwunderung – ungläubigen Blicken folgen zögerliche Fragen. Kein Einzelfall, wie Triebl berichtet: „Immer wieder erkundigen sich Passanten nach unseren Olivenbäumen. Sie stehen ja erst seit wenigen Wochen hier und Wein- oder Obstbäume sind dann doch eher der Normalfall in unserer Gegend.“
Nachdem Triebl mit seiner Frau Maria-Luise bereits vor drei Jahren vier Olivenbäumchen aus dem Urlaub in Portoroz mit nach Hause brachte, hat er die jetzigen Bäume aus einer Gärtnerei in Italien bezogen. Es handelt sich um die Sorten Pentolino, Ascolana und Frantio. „Diese zeichnen sich durch ihre hohe Frostbeständigkeit aus. Hier höher oben am Berg haben wir generell kein Problem mit dem Spätfrost, deswegen sollte das mit den Oliven ja auch funktionieren“, erklärt der Neo-Olivenbauer, während er fast schon zärtlich über die Blätter eines seiner Bäume streicht. Man merkt, hinter diesem Projekt steckt Leidenschaft.
Gut Ding braucht Weile
Szenenwechsel – gemeinsam mit seiner Frau Maria-Luise sitzt Franz Triebl auf der Sonnenterrasse des Weinguts, ihre Blicke schweifen vom frisch gepflanzten Olivenhain bei der Hofeinfahrt über den Innenhof bis hinunter ins Tal. Noch stehen Karaffen mit gut gekühltem Wein und Wasser am Tisch, in Zukunft soll dieses Angebot ergänzt werden. Die Hausherrin erklärt: „In drei bis vier Jahren hoffen wir, genügend Früchte ernten zu können, um sie in Gläser einzulegen. Das Salzwasser wird mehrmals gewechselt, um den Oliven ihre Bitterkeit zu nehmen. Danach wollen wir sie unseren Gästen hier anbieten können. Ein gutes Glas Wein und dazu ein paar heimische Oliven – gibt es etwas Schöneres?“
Wenn dann der Ertrag der Bäume zunimmt, soll auch Öl aus den Oliven gepresst werden. Dafür müssen die aktuell rund 120 Zentimeter hohen Bäumchen allerdings noch wachsen: „Die Olivenbäume können die Größe von normalen Obstbäumen erreichen. Für einen Liter Olivenöl braucht man fünf bis zehn Kilogramm Oliven. Bis wir so weit sind, werden also noch ein paar Jahre vergehen“, so Franz Triebl. Sollte die Produktion allerdings wie geplant funktionieren, können sich die beiden Winzer gut vorstellen, das Geschäft mit den mediterranen Steinfrüchten auch auszuweiten.
Der Klimawandel macht’s möglich
So sehr man Franz Triebl die Begeisterung für seinen Olivenhain auch ansieht, ein leichtes Stirnrunzeln huscht ihm dennoch über das Gesicht, wenn er über sein Pilot-Projekt spricht. „Reis aus der Region gibt es ja bereits, jetzt kommen die Oliven, so etwas wäre vor einigen Jahren natürlich noch unmöglich gewesen. Ganz klar, dass der Klimawandel uns hier vor Herausforderungen stellt und man den Landwirten anmerkt, dass sie sich hier für die Zukunft vorbereiten und noch breiter aufstellen wollen.“
Triebl sieht vor allem mit allen Tiefwurzlerkulturen große Chancen, sie in der Südoststeiermark zu etablieren. So bekommen die in Reih und Glied stehenden Weinreben wohl bald noch mehr mediterrane Gesellschaft.
Stefan Haller