Wieder einmal stritt das Ehepaar. Der Streit eskalierte, der Mann soll seiner Gattin einen Kopfstoß versetzt und sie dadurch an der Nase verletzt haben. Deshalb sitzt der Ehemann vor Bezirksrichterin Elisabeth Schwarz. „Nicht schuldig“, sagt er. Der Verteidiger plädiert auf Notwehr. Sein Mandant sei von seiner Gattin attackiert worden. Er beantragt die Zulassung eines Zeugen, der das Bild vom Gewaltpotenzial der Frau abrunde.

Er kam nach Hause, seine Frau war nicht da, erzählt der Angeklagte. Als sie kam, sei sie ins Zimmer des Sohnes gegangen. Er wollte mit ihr reden, über den Sohn (aus einer früheren Beziehung der Frau). Das „einzige Streitthema“, da der in der Wohnung lebe, aber nichts zahle. Der Fernseher lief, die Frau wollte nicht reden. Der Mann steckte das Receiverkabel aus. Sie sei von hinten auf ihn losgegangen, habe ihn zu Boden gerissen. Er lag auf dem Bauch, sie rangelten, irgendwann konnte er sich befreien und sperrte sich im Bad ein. Dann habe er gehört, dass seine Frau gegangen ist.

„Es war nicht der erste Vorfall in dieser Härte“, sagt ein Polizeibeamter. Soweit er das von seinen Einsätzen bei der Familie beurteilen könne, agieren beide gleich heftig: „Sie bleiben sich nichts schuldig.“ Stets war Alkohol im Spiel.


Die Gattin hat eine ganz andere Version. Ja, Ursache des Streits sei der Sohn gewesen – „und seine Lügengeschichten“ (die ihres Mannes). Nach Ausstecken des Kabels habe eine Schupferei begonnen. Dann sei ihr Mann auf ihr gekniet und habe versucht, sie zu würgen: „Er ist immer so gachzornig.“ Die Polizei hat aber keine Würgemale am Hals der Frau festgestellt. Sie habe ihn im Gesicht gekratzt, um sich zu verteidigen.

Irgendwie kam sie frei, erzählt sie. Der Gatte äußert Zweifel: Wie will sie ihm mit der rechten Hand Kratzspuren auf seiner rechten Gesichtshälfte zugefügt haben , wenn sie vor ihm war. Er sieht seine Version bestätigt: „Sie war also hinter mir.“

Vom Sohn und dem Ex der Frau verdroschen

Eine Mitarbeiterin des Gewaltschutzzentrums unterstützt die Frau und erzählt von weiteren Vorfällen. Angezeigt wurden sie nicht. „Weil ich mein Kind von der Pflegefamilie zurückbekommen wollte“, sagt die Frau. Aus demselben Grund hat ihr Gatte nicht angezeigt, dass er vom Sohn und dem Ex seiner Frau „verdroschen“ wurde. Da hört die Bezirksanwältin besonders interessiert zu. Später dehnt sie den Strafantrag um weitere Körperverletzungen aus.

Ob sie zu Gewalt neige, fragt der Verteidiger die Frau. Sie gibt zu: Es stimme, dass sie ihren Mann schon einmal bei den Haaren gepackt habe. Schwarz will wissen, ob sie ansonsten ausraste. „Nein“, sagt die Frau. Der Verteidiger bringt eine Verurteilung wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt ins Spiel. Erst mehrere Polizisten konnten die Frau zur Räson bringen, als sie ein Auto gestreift hatte und weitergefahren war. Der von der Verteidigung aufgebotene Zeuge erzählt, die Frau habe dem Mann in einem Lokal eine geschmiert und ein Büschel Haare ausgerissen. Als der Zeuge fragte, was los sei, habe sie ihn aufgefordert, die „Goschn“ zu halten.

Die Verhandlung wird vertagt. Ein medizinischer Sachverständiger soll beigezogen werden, ärztliche Unterlagen beigebracht und ein weiterer Zeuge gehört werden.