Auf dem Metallgestell, das auf der Werkbank steht, ist ein Motor fixiert. Christoph Prutsch hat ihn schon zur Hälfte zerlegt. Wenn er gereinigt, überholt und wieder zusammengebaut ist, wird er einer Vespa den notwendigen Antrieb geben, um durch das südoststeirische Hügelland zu rauschen.
Wir befinden uns in Prutschi’s Vespa Garage im Gnaser Ortsteil Perlsdorf. Dort hat der 43-Jährige seine Passion zum Beruf und Geschäft gemacht: alte Vespas nach den Wünschen der Kunden neu aufbauen und restaurieren. Am Ende steht dann fast immer ein Unikat. „Das Ziel ist es, dass der Auftraggeber einen fertigen Roller bekommt, wie er ihn sich vorstellt“, sagt Prutsch.
Von den „Leichen“ bis zum Typenschein
Er kümmert sich auch um die Abwicklung der Typisierung der Vespas. Da werden oft auch die brauchbaren Teile aus mehreren alten Gefährten verwendet. Aus diesen „Leichen“, wie Prutsch sagt, wird dann die neue Vespa aufgebaut. Es kommt vor, dass seine Kunden selbst mit ein paar Teilen kommen, die Prutsch dann zusammenbaut.
An Ersatzteilen fehlt es ihm nicht. „Ich habe für die Schaltroller der 50er-, 60er- und 70er-Jahre so ziemlich alles lagernd“, verrät Prutsch. Damit betreibt er auch einen Onlinehandel. Und woher kommen die gebrauchten Fahrzeuge? „Viele aus Italien. Ich habe dort auch Leute, die für mich schauen, etwa auf diversen Märkten, und ein entsprechendes Netzwerk“, so Prutsch. Zwei- bis dreimal im Jahr fährt er in den Süden, um die gebrauchten Roller dann zu holen. Allerdings müssen auch Papiere beschafft werden: „Und ich muss auch abklären, dass die Roller nicht gestohlen sind. Ohne Papiere ist ein Fahrzeug wertlos.“
Für Vespa-Liebhaber ist Prutsch eine wichtige Anlaufstelle und bekannte Größe: „Es läuft fast alles über Facebook und Instagram.“ Aber wie kam es dazu? Prutsch hat Einzelhandel gelernt, ist so betrachtet branchenfremd, aber seit seiner Jugend hat er eine besondere Beziehung zu den kultigen Zweirädern.
Von Jugend an geschraubt
Mit 16 hatte er seine erste Vespa. „Ich hab daran geschraubt und gebastelt. Das hat sich immer mehr verfeinert“, blickt Prutsch zurück. Immer mehr Kontakte in der Vespaszene hat er geknüpft. Als er dann den Rahmen eines alten Rollers bei einem Spenglerbetrieb richten ließ, sich aber herausstellte, dass das Ergebnis nicht so war, wie es sein sollte, hat er die Spenglerarbeiten selbst übernommen. Das machte die Runde. Verwandte und Bekannte wollten jetzt eine Vespa. Prutsch machte die Ausbildungen und Prüfungen zum Kfz-Meister, meldete ein Gewerbe an und gründete 2017 seine Vespa Garage.
Und die Nachfrage ist groß, denn: „Es gibt ja offiziell praktisch niemand mehr, der sich mit alten Rollern beschäftigt.“ Jetzt im Winter ist die Zeit zum Restaurieren, im Frühjahr beginnt dann der eigentliche Werkstattbetrieb, weil Prutsch natürlich auch sämtliche Servicearbeiten und Reparaturen anbietet. Und es gibt fast nichts, was er in der Veredelung nicht macht: vom Verchromen über den Einsatz von Kupfer bis zu Gold.
Ein paar Exoten behält er schon auch selber, wie die Beiwagen-Vespa. Werttechnisch bekäme man um den Preis einer neu aufgebauten Vespa auch eine moderne, nagelneue. Prutsch: „Das Flair macht es aus und man muss eine Freude daran haben.“ Für viele sei es auch eine Wertanlage, wobei es oft nicht bei einer bleibe, wie er selber weiß. Mehr als ein Dutzend nennt er sein Eigen. „Aber die werden alle gefahren – von meiner Frau, meinen Eltern und bald auch meinen Söhnen.“ Für ihn gilt bei Kultrollern: „Nicht nur zum Anschauen, sie sollten schon auch gebraucht werden.“